: Ein neuer Dreh im Plänterwald
Das Finanzamt hat die Zwangsversteigerung des Spreeparks im Plänterwald beantragt. Ein Käufer könnte nun den verrotteten Park ohne Altschulden übernehmen. Grüne fordern, das Land solle zuschlagen. Doch der Senat lehnt ab
Dort, wo sich einst Karussells drehten, wuchert mittlerweile die Natur. Nun kommt das früher als Spreepark genutzte Gelände im Plänterwald unter den Hammer. Das bestätigt die Sprecherin für die Berliner Zivilgerichte, Katrin-Ilena Schönberg, der taz. Ein Versteigerungstermin sei noch nicht angesetzt. Beantragt habe die Zwangsversteigerung des Erbbaurechtsvertrages das Finanzamt, sagt Irina Dähne vom Berliner Liegenschaftsfonds.
Mitte der 90er-Jahre hatte das Land Berlin der Spreepark GmbH die Nutzung des Parkgeländes per Erbpacht für 99 Jahre überlassen. Spreepark-Mann Norbert Witte und sein Team hatten den Freizeitpark dann mit Schulden im zweistelligen Millionenbereich belastet. 2001 setzte sich Witte mit sechs Vergnügungsgeschäften nach Peru ab. Als er aus den Anden zurückkam, klickten die Handschellen: Witte hatte in einem Fahrgeschäft Kokain geschmuggelt. Erst im Mai dieses Jahres hatte er seine Haftstrafe abgesessen.
Seine Gläubiger – die Deutsche Bank, das Land Berlin, verschiedene Privatpersonen und eben das Finanzamt – warten bis heute auf ihr Geld. Das Land Berlin, dem das mit mindestens 15 Millionen Euro belastete Grundstück noch immer gehört, hatte versucht, einen Investor für den Spreepark zu finden. Vergebens. Denn der Käufer sollte nach den Vorstellungen von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die Schulden gleich mitschultern. Mit einer Zwangsversteigerung wäre diese Bedingung vom Tisch. Die Gläubiger würden jedoch auf einem großen Teil ihrer Forderungen sitzen bleiben.
Denn auf dem Parkgelände ist nicht mehr viel zu holen. Ein Insolvenzverfahren wurde im Sommer mangels Masse eingestellt. Seither darf Witte wieder über das Grundstück verfügen, bis sich ein Käufer findet. Die mit den Jahren verrotteten und überwucherten Fahrgeschäfte sind derzeit als Filmkulisse sehr begehrt. Witte erteilt generös Drehgenehmigungen.
Lisa Paus, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, fordert, das Land solle bei der Zwangsversteigerung mitbieten und das Grundstück in eine Grünfläche zurückverwandeln. „Der Spreepark ist Teil eines innerstädtischen Waldes. Seit die Karussells stillstehen, haben sich hier schützenswerte Tier- und Pflanzenarten angesiedelt“, sagt Paus. Doch der Senat hat kein Interesse. „Wir geben kein Gebot ab“, sagt Sarrazins Sprecher Clemens Teschendorf.
Bieten kann bei der Zwangsversteigerung jeder, der das nötige Geld hat. Laut Flächennutzungsplan muss das Areal als Vergnügungspark genutzt werden. Der Bebauungsplan, der allerdings auf Eis liegt, würde einem Investor zudem ein Parkhaus mitten im Wald sowie breite Zufahrtsstraßen erlauben.
Die Bürgerinitiative im Plänterwald fordert vom Bezirksamt ein neues Umweltverträglichkeitsgutachten. „Wir bezweifeln, dass ein Vergnügungspark mit Parkhaus nach dem neuen EU-Recht dort umweltverträglich ist“, sagt Erhard Reddig von der Bürgerinitiative. Ob der Bezirk Treptow-Köpenick eine solche Studie in Auftrag gibt, sei noch nicht entschieden, sagt ein Bezirksamtssprecher.
Und Norbert Witte? Er glaubt nicht an eine Zwangsversteigerung. „So was dauert drei bis fünf Jahre und die Banken müssen zustimmen, auf ihre Ansprüche zu verzichten“, sagt er der taz. Im Juli hatte er noch großspurig verkündet, das Grundstück sehr bald an eine Investorengruppe zu geben. Die wollte im Plänterwald angeblich einen neuen Vergnügungspark errichten. Und ob sie den Zuschlag erhalte, so Witte, das entscheide er ganz allein.
Heute will ein auffallend kleinlauter Norbert Witte davon nichts mehr wissen. „Die Investoren verhandeln mit dem Land Berlin. Die sind zuständig. Ich halte mich da raus.“
Die Sprecherin des Liegenschaftsfonds bestätigt solche Verhandlungen. Sie seien allerdings erst „im Anfangsstadium“.
MARINA MAI
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen