Wenig Perspektiven

Das Regenbogen-Wahlbündnis löst sich langsam auf – doch was kommt eigentlich danach?

Die Bestandsaufnahme fällt schonungslos aus. Auf dem ersten Nachwahltreffen der Organisationen und Einzelpersonen, die als Regenbogen-Bündnis in den Hamburger Wahlkampf zogen, herrscht Frust und Ratlosigkeit vor. Rund 70 Personen haben sich am Donnerstagabend im Hörsaal der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) versammelt, um die Bürgerschaftswahl auszuwerten und nach neuen gemeinsamen Perspektiven zu suchen. Doch diese Suche bleibt an diesem Abend fast erfolglos.

„Wenn das Wahlergebnis ein Achtungserfolg war, was ist dann eine Niederlage“, warnt einer der Diskutanten davor, 1,1 Wahlprozentpunkte schönzureden. Doch schon bei der Analyse der Gründe für das schlechte Abschneiden gehen die Meinungen weit auseinander. Dass es „das Bündnis nicht geschafft hat, als Wahlalternative wahrgenommen zu werden“, sei seiner „mangelnden Verankerung außerhalb der Szeneviertel zu verdanken“, befinden mehrere Teilnehmer.

Wer Regenbogen-„Hochburgen“ wie St. Pauli oder St. Georg in erster Linie als Szeneviertel und nicht als arme Stadtteile bezeichne, habe von Hamburg keine Ahnung, lautet die Gegenposition, die etwa der Ex-GALier Andreas Bachmann formuliert. Gleichwohl sei die Zukunft nicht in der „bloßen Proklamation von betrieblichen und sozialen Kämpfen“ zu sehen: „Wir werden mit Sicherheit keine neue proletarische Massenpartei werden“, setzt Bachmann denen entgegen, die an diesem Abend eine „Rückbesinnung auf die Klassengegensätze“ fordern.

Auch Regenbogen-Vorstand Dirk Hauer warnt „vor der naiven und falschen Vorstellung, sich die Ausweitung unserer Basis über die Verteilung von Parolen-Flugblättern“ in sozialen Brennpunkten vorzustellen. Da es keine Arbeitsloseninitiativen und Mieterberatungen in den Stadtteilen mehr gebe, fehle „die Verankerung der Linken im Alltag der Menschen“.

Die als Unorganisierte zu der Wahlvereinigung gestoßene Annette „Nico“ Sawatski beklagt, das Bündnis habe „die Menschen nur als potenzielle Wähler wahrgenommen. Statt sie einzuladen, haben wir nur versucht, ihnen etwas zu verkaufen“. Die Politikwissenschaftlerin fordert, bei einem Neuanfang alle linken Grüppchen und Parteien außen vor zu lassen: „Wir brauchen eine Plattform, bei der alle willkommen sind, die nicht als Vertreter einer Organisation kommen.“ Als ersten Schritt schlägt sie ein Internet-Portal vor, „auf der alles drauf ist, was für linkes Leben in der Stadt wichtig ist“.

Das ist an diesem Abend schon der konkreteste Vorschlag für eine gemeinsame Perspektive der ehemaligen Wahlbündnis-Partner. Marco Carini