Anklage light

Lachsbrötchen-Affäre: Von den Filz-Vorwürfen gegen den DGB aus dem Wahlkampf ist nichts mehr übrig geblieben. Das Amtsgericht verhandelt dennoch gegen Helmuth D.

Von der großen Filz-Affäre des Wahlkampfes 2001 ist nichts mehr übrig geblieben. Keine Rede mehr von Lachsbrötchen, die sich Gewerkschaftsbosse von ABM-Beschäftigten haben schmieren lassen. Auch der Verdacht, der ehemalige Geschäftsführer des „Verein zur Betreuung von Arbeitslosen und Arbeitslosenhilfegruppen“ habe seinen 60. Geburtstag mit staatlichen Subventionen finanziert, taucht in der Anklage nicht mehr auf. Helmuth D., seit gestern Angeklagter vor dem Amtsgericht, muss sich nur noch gegen den Vorwurf verteidigen, dass seine ABM-Kräfte an Demonstrationen teilgenommen und dafür einen freien Tag bekommen haben. Dadurch, sagt die Staatsanwaltschaft, habe D. Subventionsbetrug in 13 Fällen begangen.

Im Wahlkampf hatte sich der Fall noch ganz anders dargestellt. Nach Bekanntwerden des Vorwurfes, die DGB-Spitze habe beim im gleichen Haus beheimateten Arbeitslosenverein ein kaltes Büffet bestellt, hatte die CDU die „Affäre“ zum großen Filz-Skandal hochstilisiert. Die Gedankenkette: Staatlich finanzierte Arbeitslose belegten Brötchen für DGB-Chef Erhard Pumm, der auch für die SPD in der Bürgerschaft sitzt. Ergo hätte die SPD staatliche ABM-Gelder missbraucht. Hinzu waren Vorwürfe gegen D. persönlich gekommen. Gestern bestätigte die Amtsrichterin, dass der Verdacht., D. habe seinen Geburtstag auf Staatskosten gefeiert, längst widerlegt worden ist.

Auch die Tatsache, dass ABM-Kräfte des Vereins 1998 im Bundestagswahlkampf an Demonstrationen teilgenommen hatten, stellte sich eher als alltäglicher Vorgang dar. Sie hätten nicht, erklärte D., gegen den damaligen CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl, sondern für Arbeit und soziale Gerechtigkeit demonstriert – im eigenen Interesse: „Die wussten genau, wann sie selber wieder Arbeitslose sind. Es waren alles Beschäftigte auf Zeit.“ Natürlich habe Öffentlichkeitsarbeit zu den Aufgaben des Vereins gehört: „Wir waren überall präsent, um auf unsere Arbeit hinzuweisen und für soziale Gerechtigkeit zu werben.“ Auch der damalige Buchhalter Reinhard S. sagte aus, die Teilnahme an Aktionen sei notwendig gewesen, um den Verein bei seiner Klientel bekannt zu machen.

D. wehrte sich gegen die Behauptung, dass während der Demonstrationen die übrige Arbeit des Vereins niedergelegt worden sei. Außerdem hätten alle MitarbeiterInnen an den Aktionen freiwillig teilgenommen, „niemand ist gezwungen worden“. Für Mehrarbeit einen Ausgleich zu gewähren, sei erlaubt. Die Staatsanwaltschaft hingegen spricht von „Arbeitszeitverkürzungstagen“, die seien vom Zuwendungsbescheid für die ABM-Stellen nicht gedeckt. Helmuth D. beteuerte, sich keiner Schuld bewusst zu sein.

Der Prozess wird fortgesetzt.

ELKE SPANNER