: Parkplatz Radweg
Von den Behörden verführt, parken immer mehr Autofahrer auf Radwegen. Das zwingt die Fahrradfahrer zu riskanten Ausweichmanövern
von GERNOT KNÖDLER
Dass Stefan Warda noch Fahrrad fährt, ist ein Wunder – zumindest nach der Dia-Show, die der Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) gestern in der Rathaus-Passage gezeigt hat. Mit ihr startete er eine Kampagne, die darauf aufmerksam machen soll, dass neue Parkplätze neben Radwegen Radler und Fußgänger gefährden.
Warda hat Fotos von einer Vielzahl unerquicklicher Radfahrsituationen: Autos etwa, die legal auf dem Streifen zwischen Fahrbahn und Radweg parken. An sich kein Problem, wenn der Streifen nicht so schmal wäre, dass jeder Mittelklassewagen in den Radweg ragen würde. Ganz zu schweigen von dem, was passiert, wenn der Beifahrer plötzlich die Tür aufreißt.
Die Polizei empfiehlt Radlern deshalb einen Sicherheitsabstand von einem Meter zu parkenden Autos. Sein Pech, wenn der Radler am Mäuerchen des Nachbargrundstücks landet (Maienweg, Schwanenwik, Hummelsbütteler Landstraße). Ist der Gehsteig breit genug, parken Autos auch mal zu beiden Seiten des Radwegs (Lokstedter Weg).
Noch gefährlicher wird es, wenn die Autos zwischen Radweg und Gehsteig parken und der Radweg so schmal ist, dass er ein Ausweichen nicht erlaubt. In der Wentorfer Straße in Bergedorf wich ein Radler vor zwei Jahren vor einer Autotür auf die Fahrbahn aus. Er wurde von einem Laster überrollt.
Gerade weil die Radler von Politik und Verwaltung in paradoxe Situationen gezwungen werden, sprechen ihnen die Gerichte bei Unfällen oft eine Teilschuld zu. Warda zitiert ein Urteil aus Berlin, wo ein Radler auf einem nur einen Meter breiten gemischten Geh- und Radweg verunglückte und die Kosten zu einem Drittel selbst tragen musste. Begründung: Er hätte seine Geschwindigkeit anpassen müssen.
Dabei hatte es die Polizei den Radlern an dieser Stelle nicht freigestellt, die Fahrbahn zu benutzen. Warda: „Das ist genau so, als ob man an einer Kreuzung anordnen würde: Für alle Richtungen ist rot.“ Dann könne zwar nichts passieren, die Polizei sei aus dem Schneider, aber leider kann auch keiner mehr fahren.
In seinem Kampf um praxistaugliche Radwege beruft sich der ADFC auf das Hamburger Wegegesetz, in dem es heißt: „Im Rahmen des Gemeingebrauchs hat der fließende Verkehr Vorrang vor dem ruhenden Verkehr.“ Die Hamburger Verkehrspolitik werde dem nur in Hinblick auf Autofahrer gerecht.
„Die Radwege wurden immer nur aus Sicht des Autoverkehrs gebaut“, sagt Warda. Beispiel: Weil auf dem alten Radweg an der Ost-West-Straße ständig Autos parkten, wurde der Radweg auf den Gehweg verlegt. Das wilde Parken wurde legalisiert. Dafür müssen sich die Radler jetzt ihren Weg freiklingeln.
Vollends Methode hat der Wahnsinn beim Entpollern, mit dem der Rechts-Senat so gerne glänzen möchte: In der Karolinenstraße neben dem Messegelände ließ der Senat reihenweise Poller herausreißen mit der Folge, dass der Radweg jetzt regelmäßig zugeparkt ist. Anderswo (Mittelweg, Bebelallee) fahren Schrägparker ihre Wagen halb auf den Radweg, um Abstand zur Fahrbahn zu wahren.
Auf die Bitten des ADFC, das illegale Parken zu ahnden und zu unterbinden, reagiere die Polizei regelmäßig mit dem Hinweis, sie habe keine Kapazitäten frei, berichtet Warda. Dabei würden ein paar Poller schon ausreichen.