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Archiv-Artikel

Die Krempen werden kleiner

Innensenator Körting (SPD) stellt heute seinen Kollegen in den Ländern seinen Vorschlag für eine Verfassungsschutzreform vor: Der Schatten unter den Landesschlapphüten soll kürzer werden

von OTTO DIEDERICHS

Wenn es nach den Plänen von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geht, soll Berlins Verfassungsschutz demnächst möglichst nur noch lokal agierende extremistische Gruppen beobachten. Organisationen mit bundesweiten Strukturen wie etwa die rechtsradikale NPD, extremistische Ausländerorganisationen wie Hizb-Allah oder Hamas sollten seiner Ansicht nach dagegen künftig vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln überwacht werden. Bricht bei den Berliner Schlapphüten dann die große Langeweile aus? „Natürlich nicht“, sagt Körtings Sprecher Peter Fleischmann, weiter möchte er sich zu den Plänen allerdings nicht äußern.

Nach dem Fiasko im Verbotsverfahren der rechtsradikalen NPD vor dem Karlsruher Verfassungsgericht hatten sich die Leiter der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern darauf verständigt, den Einsatz ihrer V-Leute künftig besser zu koordinieren. Zeitweise hatten 30 von 210 NPD-Vorstandsmitgliedern für die verschiedensten Behörden gearbeitet, ohne dass diese untereinander hiervon wussten. Wegen dieser V-Mann-Dichte hatte das Bundesverfassungsgericht es schließlich abgelehnt, das Verfahren weiter zu führen. Nach den Vorstellungen der Geheimdienstchefs sollen die 16 Landesämter das BfV nun über den Einsatz ihrer Spitzel immer auf dem Laufenden halten. Köln soll so einen Überblick erhalten, in welchen Organisationen und auf welcher Ebene wie viele „Quellen“ sprudeln. Ob dies bei den notorischen Eifersüchteleien untereinander überhaupt gelingen kann, ist fraglich.

Innensenator Ehrhart Körting geht diese Lösung aber noch nicht weit genug. Auf der heutigen Innenministerkonferenz will er seinen Ministerkollegen vorschlagen, dass die Verfassungsschutzämter untereinander insgesamt mehr zu Arbeitsteilung übergehen sollen. Immer wieder, so der Senator, müsse man feststellen, dass verschiedene Ämter dieselben Personen überwachen. In den Jahresberichten der verschiedenen Verfassungsschutzbehörden seien oft praktisch die gleichen Auswertungen nachzulesen. Diesem „unsinnigen Nebeneinander“ müsse ein Ende bereitet werden, verlangt Körting. Ganz abschaffen will aber auch er seine Nebelbehörde nicht. Stattdessen schlägt Körting vor, bundesweit relevante extremistische Strukturen nur noch vom BfV beobachten zu lassen. Dort wo eine Gruppierung schwerpunktmäßig besonders aktiv sei, sollte dann die jeweilige Landesbehörde Informationen zuliefern. Für die Berliner Geheimen wären dies dann wohl in erster Linie die „Kommunistische Plattform“ in der PDS und die autonome Szene – nicht unbedingt viel. Die Zusammenführung und Interpretation der aus den Ländern gelieferten Informationen soll dann in Köln stattfinden.

Dort will man sich zu dieser Frage gegenwärtig ebenfalls nicht äußern, sondern erst abwarten, was nun konkret vorgeschlagen werde. Zwar seien Körtings Überlegungen eher ein „bescheidener Gedanke“, meint der grüne Berliner Bundestagsabgeordnete und Geheimdienstkritiker Hans-Christian Ströbele, „der jedoch viel von der Kritik und den Bedenken der Grünen aufnimmt“. Ströbele verspricht sich von einer solchen Lösung eine insgesamt bessere Kontrolle des Verfassungsschutzes. Lautstarker Protest kommt hingegen bereits aus Brandenburg. Körtings Reformvorschlag sei eine „Kapitulationserklärung“ für die Extremismusbekämpfung in Berlin, tönt der innenpolitische Sprecher der märkischen CDU, Sven Petke, früher selbst ein Schlapphut. Körting betrachte die innere Sicherheit offenbar allein als Quelle für Stellenabbau und Kürzungen.