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Archiv-Artikel

Noch ‘ne Grünen-Abstimmung

Die bundesweite Basisbefragung zu Amt und Mandat lief gestern aus. Nun will der Kreisverband Tempelhof-Schöneberg auch eine Urabstimmung auf Landesebene

Die Berliner Grünen stehen vor der zweiten Urabstimmung ihrer Geschichte. Ging es vor zehn Jahren um die Fusion mit Bündnis 90, so sollen die knapp 3.500 Mitglieder jetzt über die Vereinbarkeit von Amt und Mandat entscheiden. Der Vorstand der Grünen in Tempelhof-Schöneberg, einem der drei größten Berliner Kreisverbände, hat dazu eine Unterschriftensammlung angestoßen. „Die Trennung ist überholt und sollte endlich auch in Berlin abgeschafft werden“, sagte Kreisvorständler Jürgen Roth der taz. Zur Urabstimmung kommt es, wenn zehn Prozent oder rund 350 der Mitglieder unterschreiben. Der Kreisverband hat allein schon 500 Mitglieder.

Die Initiatoren machten die bereits laufende Unterschriftenaktion gerade zum Ende der bundesweiten Urabstimmung über Amt und Mandat bekannt. Dort war gestern Einsendeschluss, das Ergebnis soll am 23. Mai vorliegen. Auf Basis einer bundesweiten Forsa-Umfrage geht Landeschef Till Heyer-Stuffer davon aus, dass aus dem in dieser Frage strukturkonservativen Landesverband zumeist Nein-Stimmen kommen: „Wenn das Ergebnis schon bundesweit knapp ist, dann werden unsere Mitglieder die Satzungsänderung mit Sicherheit mehrheitlich abgelehnt haben.“ Forsa hatte vor einer Woche eine Mehrheit von 47 zu 43 Prozent für ein Ende der Trennungsregel ausgemacht.

In den sechs größten Berliner Kreisverbänden zeigte sich zum Abschluss der dreiwöchigen Urabstimmung folgendes Bild: Vorständler in Kreuzberg, Pankow und Mitte machten eine deutlich ablehnende Haltung aus. In Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf hingegen ist die Lage umgekehrt. In Steglitz-Zehlendorf ließ sich keine Tendenz ausmachen.

Die nun geforderte Urabstimmung auf Landesebene haben die Baden-Württemberger Grünen in einem Aufwasch mit der bundesweiten Befragung erledigt, indem sie ihre Stimmkarten kennzeichen ließen. „Die aber waren mitten in einer Strukturdebatte, da bot sich das an“, sagt Heyer-Stuffer. „Wir hatten unsere Strukturdebatte gerade abgeschlossen.“ Berlins Grüne hatten die Trennung im Januar etwas gelockert, indem sie einen erweiterten Vorstand einrichteten, dem Mandatsträger angehören dürfen. Der Kernvorstand aber bleibt tabu.

Die Tempelhofer Initiative stößt in Berlin bei Befürwortern wie Gegnern einer Satzungsänderung auf Ablehnung: Sie gilt als politisch wenig sinnvoll und aussichtslos. Denn während bei der bundesweiten Urabstimmung eine einfache Mehrheit reicht, ist auf Landesebene dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Anträge beim Landesparteitag hatten jedoch 2002 nur knapp eine einfache Mehrheit erzielt. Heyer-Stuffer nannte Unterschriftensammlung und Urabstimmung „verlorene Liebesmüh“. STEFAN ALBERTI