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Archiv-Artikel

Schartau droht den Dissidenten

Neugewählter Landesvorstand der nordrhein-westfälischen SPD sucht den Schulterschluss mit der Bundespartei: Abweichlern droht der Parteiausschluss. Werbung soll Mitgliederschwund stoppen

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Wie die Bundesebene kämpfen Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten gegen die Gründung einer neuen Linkspartei. Zwar sei die SPD zu „jeder, auch zu kritischen Diskussionen“ bereit, sagte Landesparteichef Harald Schartau nach der konstituierenden Sitzung des neuen Landesvorstands am Samstag in Düsseldorf. Wer aber „seine kleine feine eigene Partei“ gründen wolle, müsse mit dem SPD-Parteiausschluss rechnen. „Unser Organisationsstatut ist da sehr deutlich“, so Michael Groschek, Generalsekretär der Landespartei: „Wer gegen die SPD oder Kandidaten der Partei antritt, verhält sich parteischädigend.“

Als ersten trifft die Konsequenz eines Parteiordnungsverfahrens den Oer-Erkenschwicker SPD-Landtagsabgeordneten Karl-Heinz Rusche. Der will in seiner Heimatstadt als Bürgermeister kandidieren – und damit gegen den SPD-Kandidat Fred Schlechter antreten. Vorausgegangen waren jahrelange Querelen: Rusche wurde zunächst als Vorsitzender der Ratsfraktion abgelöst, dann sogar aus der Fraktion ausgeschlossen. Jetzt will der Landesvorstand Rusches lokalen Rachefeldzug nicht länger hinnehmen: Zehn Tage hat der langjährige Parlamentarier noch Bedenkzeit, danach greifen „Sofortmaßnahmen“. Rusche verliert alle Mitgliedsrechte, gilt als aus der Partei ausgeschlossen. Allerdings kann der Abgeordnete gegen die Entscheidung Widerspruch bei der Bundesschiedskommission der Partei einlegen.

Dabei ist Rusche kein Einzelfall: Gerade im nördlichen Ruhrgebiet, im ehemaligen Stammland der Sozialdemokraten wächst der Widerstand gegen die ‚Agenda 2010‘ von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder. In Herne hat sich bereits eine so genannte Alternative Liste gebildet, die bereits zur Kommunalwahl antreten und besonders um Stimmen enttäuschter ehemaliger SPD-Wähler und Gewerkschafter werben will. Auch hier will der Parteivorstand bis zur offiziellen Gründung am 23. März warten – und mitwirkende Sozialdemokraten dann aus der Partei auschließen.

Daneben gibt sich Parteichef Schartau aber auch betont konstruktiv: Mit einer Werbekampagne will der Landesvorstand den starken Mitgliederschwund stoppen – bis zur Bundestagswahl im Herbst 2006 wollen Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten sogar bis zu 10.000 Mitglieder hinzugewinnen. „Wir werden um jedes einzelne Mitglied kämpfen“, sagte Groschek. Mit den Themen Arbeit, Familie und Ausbildung werde die SPD bei den kommenden Wahlen punkten können, so auch Parteichef Schartau zuversichtlich: „Die SPD rückt zusammen.“

Nötig sei jetzt besonders ein enger Schulterschluss mit den Gewerkschaften – Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, hatte am Samstag gewarnt, mit Schröders Politik des Sozialabbaus drohe den Sozialdemokraten eine Serie von Wahlniederlagen. Die Gewerkschaften stünden etwa beim Mitgliederschwund vor gleichen Problemen wie die SPD, glaubt Schartau. Außerdem einten Sozialdemokraten und Gewerkschaften in Abgrenzung zur CDU die gleichen politischen Ziele, etwa die Sicherung von Arbeitsplätzen für Ältere. „Es kann nicht sein, das ein Teil unserer politischen Bewegung immer auf uns einschlägt.“