: Der Krebs liegt in der Luft
Asbest-Belastung bei der Elbtunnel-Sanierung wurde offenbar bewusst heruntergespielt. Jetzt sind die Arbeiten gestoppt und die Röhre ab Mai wieder frei
Die Asbest-Sanierung des Elbtunnels entwickelt sich zusehends zum Umweltskandal: Entgegen Beteuerungen aus der Baubehörde, die Sicherheitsstandards seien ausreichend und „Menschen nicht gefährdet“ gewesen, liegt dem Spiegel ein internes Schreiben des Amts für Bauordnung und Hochbau vor, demzufolge bei den Arbeiten an der 1. Tunnelröhre sehr wohl Krebs erregende Stoffe in einem Übermaß freigesetzt wurden.
„Einleitungen von asbesthaltigen Fasern“ in nicht geschützte Bereiche – „bis zu 1.000 Fasern pro Kubikmeter“ – verstießen eindeutig gegen das Bundesimmissionsgesetz und entsprächen nicht dem im Gesetz geforderten „Stand der Technik“, zitiert das Magazin. Eine „Sanierung von Spritzasbestverwendungen ohne staubdichte Abschottung“ sei „nicht vorstellbar“. Zwischen der Behörde und den beautragten Sanierungsfirmen Tereg und TVF-Altwert ist es daraufhin zum Streit gekommen, als diese sich weigerten, die Arbeiten unter diesen Minimalstandards fortzusetzen.
Schon bei den Vorarbeiten zur Entfernung der Brandschutzplatten war so viel Asbest freigesetzt worden, dass eine Gefahr für Arbeiter vor Ort und die Umwelt bestand. So musste am 4. Februar die Baustelle nachts stillgelegt werden, nachdem Asbest-Detektoren alarmierende 30.000 Fasern pro Kubikmeter gemessen hatten. Die Feuerwehr musste mit Schutzanzügen und Atemschutzgeräten anrücken um den Gefahrenherd zu sichern. Ein Gutachter der Firmen wies dann darauf hin, dass bei der angewendeten Vorgehensweise 40.000 Fasern pro Kubikmeter kein Einzelfall seien. Die Firmen erklärten der Baubehörde daraufhin, die Ausschreibungsbedingungen nicht mehr einhalten zu können, da die Verhältnisse vor Ort nicht den Vorgaben der Ausschreibung entsprochen hätten. Diese habe auf der Basis der Sanierung der 2. Elbtunnelröhre stattgefunden, wonach nur die Entfernung von Asbest in einem abgeschirmten „Schwarz-Bereich“ zu erfolgen habe, die Vorarbeiten jedoch in einem „Weiß-Bereich“ ohne besondere Schutzmaßnahmen stattfinden könnten.
Inzwischen ist den Firmen gekündigt und die Sanierung gestoppt worden. Sie wird neu ausgeschrieben und die Röhre ab 20. Mai wieder geöffnet. Die Firmen haben juristische Schritte angekündigt. KAI VON APPEN