: Lex Radio Hamburg
GAL und Landesmedienanstalt erneuern ihre Ablehnung des geänderten Hamburger Mediengesetzes: „Einfalt wird gefördert“
von PETER AHRENS
Für den medienpolitischen Sprecher der GAL, Farid Müller, ist das vom Senat geplante neue Mediengesetz eine „Lex Radio Hamburg“ – und die Macher von Hamburgs führendem Privathörfunksender scheinen ihm Recht zu geben. Auf der gestrigen Pressekonferenz der Hamburgischen Anstalt für Neue Medien (HAM), bei der diese ihre Bedenken gegen das Gesetz deutlich gemacht haben, legte sich der Programmchef von Radio Hamburg, Marzel Becker, jedenfalls kräftig für das neue Gesetz ins Zeug. Die Befürchtungen von HAM oder GAL, auf Hamburgs Privatwellen werde künftig ausschließlich fröhlich gedudelt und überhaupt nicht mehr informiert, seien abwegig, verkündete Becker.
Die Bürgerschaft soll Anfang Juni die Medienpläne des Senats absegnen: Danach sollen die Privatsender keinerlei Verpflichtungen mehr haben, einen gewissen Wortanteil in ihrem Programm zu gewährleisten. Außerdem wird der Offene Kanal als Bürgerfunk abgewickelt und der Hamburg Media School angegliedert. Die HAM selbst verliert einen Gutteil ihrer Aufgaben, der Vorstand der HAM soll verkleinert und unter Kuratel der Bürgerschaft gestellt werden. Am Freitag findet dazu eine parlamentarische ExpertInnenanhörung statt.
Für den Vorsitzenden der HAM, Dietrich Sattler, sind die Senatspläne „schädlich für den Medienstandort“ und „entlassen den privaten Rundfunk weitgehend aus seiner gesellschaftlichen Verantwortung“. Einfalt statt Vielfalt werde gefördert, wenn zum Beispiel ein potenter Privatsender wie Radio Hamburg seine Nachrichtenbeiträge künftig an kleinere Sender verkaufen könne. Mit dem Abdrängen des Offenen Kanals werde zudem „die Meinungsfreiheit Hamburger Bürger eingeschränkt“. Nach Sattlers Erkenntnissen wird „der medienpolitische Alleingang Hamburgs in ganz Deutschland mit Kopfschütteln bedacht“.
Einer Schelte, der sich auch die GAL anschließt. „Rundfunk ist nicht nur Wirtschaftsgut“, macht Müller deutlich und sieht die Privatsender in der Pflicht, nicht nur Musik und Gewinnspiele, sondern auch Information anzubieten: „Der Hörfunk als Massenmedium wird zur Abspielstation degradiert.“ Die vom Senat nun eingeräumte Möglichkeit für den regionalen Fernsehsender Hamburg 1, Nachrichtensendungen mit Werbung zu unterbrechen, ist für Müller nur eine „weitere Kommerzialisierung des Programms“. Die medienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Grietje Bettin, sieht den Gesetzentwurf gar als „ernsthafte Bedrohung für die Medienlandschaft“.
Was die ExpertInnen von der HAM zudem besonders ärgert: Der Senat hat es nicht einmal für nötig befunden, im Vorfeld mit der Anstalt über das neue Gesetz zu reden. Nur „aus Verantwortung“ habe der Vorstand von einem kompletten Rücktritt abgesehen, erklärt Vorstandsmitglied Heike Mundzeck.
Becker ficht das alles nicht an. Radio Hamburg sei nicht zuletzt wegen seines „Nachrichten-Images“ der meistgehörte private Hörfunksender: „Wir würden uns doch ins Knie schießen, wenn wir das abbauen“, behauptete er. Das „Konzept der reinen Entwortung“ sei in Hamburg nämlich zum Scheitern verurteilt, das habe doch das Beispiel Alsterradio gezeigt, „die kein Bein an die Erde bekommen“, trat er der Konkurrenz noch mal elegant vors Schienbein.