: Europa soll helfen
Bundesinnenminister Otto Schily will Eilkonferenz der EU-Innenminister einberufen lassen
VON DANIEL SCHULZ
Die EU soll nach den Terroranschlägen von Madrid eine Eilkonferenz der Innenminister einberufen. Eine entsprechende Bitte will Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) an die irische EU-Ratspräsidentschaft richten. „Wir brauchen eine gemeinsame Beurteilung der europäischen Sicherheitslage“, sagte Schily nach der gestrigen Sondersitzung des Sicherheitskabinetts: „Wir müssen unsere Maßnahmen auf europäischer Ebene abstimmen.“ Zum Sicherheitskabinett gehören unter anderem Kanzler Gerhard Schröder (SPD), Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Gestern waren zudem Vertreter von Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Bundesnachrichtendienst dabei.
Nach Einschätzung des Kabinetts ist es inzwischen wahrscheinlicher geworden, dass Islamisten die Anschläge auf die Züge in Madrid verübt haben. Ein islamistischer Hintergund müsse als „ernsthafte Alternative“ erwogen werden, sagte Schily, ohne das Terrornetzwerk al-Qaida beim Namen zu nennen. Sollten sich die Täter als Islamisten erweisen, „ergibt sich daraus sicherlich eine neue Qualität der Bedrohung“, sagte Schily weiter. Aber auch die Möglichkeit eines ETA-Anschlags ist für die Bundesregierung noch immer nicht auszuschließen. Am Nachmittag berieten die Innenminister der Länder per Schaltkonferenz.
Welche Konsequenzen sich im Alltag für die Deutschen ergeben, wollte Schily gestern nicht genauer ausführen. Er betonte aber, dass es illusorisch sei, alle „weichen Ziele“ wie Hotels, Kirchen oder Bahnhöfe zu schützen. „Und wenn wir versuchen, diese Ziele zu härten, dann werden die Terroristen Ausweichmanöver vollziehen.“ Nach Meinung Schilys muss die Aufklärung durch Geheimdienst und Polizei verstärkt werden: „Wir werden alles Menschenmögliche tun, um von solchen Anschlägen vorher zu wissen.“ Das Abkommen von Schengen, laut dem es an den Binnengrenzen der EU keine Kontrollen gibt, will Schily nicht aussetzen. „Ich möchte in dieser Frage aber der Sitzung der EU-Innenminister nicht vorgreifen“, sagte der Bundesinnenminister. Verstärkt werden solle allerdings die Sicherheit in den Zügen. Dies könne zu Verlängerungen von fahrzeiten führen, sagte Schily. Auch die Deutsche Bahn selbst will ihre Sicherheitsmaßnahmen verstärken: „Wir sind zurzeit besonders vorsichtig“, sagte ein Bahnsprecher.
Unterdessen wurden wegen herumstehender Gepäckstücke die Bahnhöfe in Dortmund, Berlin-Zoo, München und im elsässischen Straßburg am Wochenende für Stunden gesperrt. Züge verspäteten sich. In Dortmund und Straßburg sprengten Einsatzkräfte vorsichtshalber einen Koffer beziehungsweise ein Paket – die Stücke erwiesen sich aber als ungefährlich. Später gab die Polizei für alle betroffenen Bahnhöfe Entwarnung. Der Flughafen Berlin-Tegel wurde nach einer telefonischen Bombendrohung von Polizisten mit Spürhunden durchsucht. Doch sie fanden nichts.