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Archiv-Artikel

kommentar Die Terrorgefahr in Europa ist real – und Appeasementpolitik gefährlich

Noch lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, dass tatsächlich islamistische Terroristen für den Massenmord von Madrid verantwortlich sind – doch immer mehr Indizien sprechen dafür. In diesem Fall hat mit dem Datum des 11. März 2004 die Furcht vor dem Terror in Europa einen realen Anlass erhalten. Es geht nicht mehr länger nur um theoretisch denkbare Flugzeugabstürze auf deutsche Atomkraftwerke.

Kalkulierbar ist die Gefahr kaum: Anschläge auf den Bahnverkehr lassen sich nicht verhindern, selbst wenn noch der letzte Dorfpolizist Bahnhöfe und Gleise bewacht. Der Politik bleibt nur, die Öffentlichkeit mit Erklärungen und Sicherheitskonferenzen zu beruhigen und symbolträchtig Polizeifahrzeuge vor Hauptbahnhöfen abzustellen. Forderungen nach der Abschiebung von Terror verdächtigen Ausländern sind genauso sinnlos wie die nach Einsätzen der Bundeswehr im Inneren. Eine wirklich wirksame Gefahrenabwehr gegen die Bedrohung durch fanatisierte Terroristen gibt es nicht. Daran werden sich die Europäer gewöhnen müssen.

Eine andere Frage ist, welche außenpolitischen Möglichkeiten bestehen, die Anschlagsgefahr zu verringern. Deutschland scheint hier, verglichen mit Spanien, auf der sicheren Seite. Schließlich hat sich die Bundesrepublik nicht am Irakkrieg beteiligt. Es ist fraglich, ob islamistische Terroristen solch feine Unterschiede machen und den Einsatz in Afghanistan übersehen, die Zurückhaltung im Irak aber goutieren. Entscheidend ist jedoch, ob politische Entscheidungen künftig davon abhängig gemacht werden sollen, ob sie al-Qaida gefallen.

Dass viele Spanier jetzt die Beteiligung am Irakkrieg verfluchen, weil der möglicherweise den Terror nach Madrid gebracht hat, ist verständlich. Der Irakkrieg hat, jenseits seiner völkerrechtlichen Verantwortungslosigkeit, eines gewiss nicht erreicht: die Eindämmung des internationalen Terrors. Es gibt gute Gründe, diesen Krieg abzulehnen – Angst vor al-Qaida gehört nicht dazu.

Ein Verhalten, dass darauf gerichtet ist, den Islamisten künftig möglichst keinen Anlass zum Bomben geben zu wollen, wäre fatal. Einer Appeasementpolitik droht angesichts des Täterkreises und seiner quasireligiösen Zielsetzungen nicht nur gänzliche Erfolglosigkeit. Schlimmer noch: Eine solche Politik würde Demokratie, Freiheit und westlichen Lebensstil zum Objekt des Geschachers machen.

KLAUS HILLENBRAND