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Archiv-Artikel

Koalition vor Scherbenhaufen

In dieser Woche soll der Haushaltsentwurf für das Jahr nach dem Ende der Sanierungshilfe 2005 festgeklopft werden. Die Bilanz ist bitter: Selbst ein Scheck des Kanzlers würde den Etat nicht retten. Die Koalition ist gescheitert, sagen die Grünen

Von kawe

Bremen taz ■ „Die große Koalition steht vor einem Scherbenhaufen“, so kommentieren die Bremer Grünen den Entwurf für die Haushaltsplanung aus der Feder des parteilosen Finanzsenators Ulrich Nußbaum. Der habe immerhin als erstes Senatsmitglied „bekannt, dass ein verfassungskonformer Haushalt im Jahr 2005 illusorisch ist“, heißt es in dem Kommentar der Grünen.

Während der Bundesfinanzminister aufgrund ausbleibender Gewinne der Bundesbank weitere Ausfälle in Milliardenhöhe befürchten muss und mit der neuen Steuerschätzung aufgrund der schwachen Konjunktur weitere Defizite drohen, kalkuliert das Land Bremen munter mit Einnahmen auf Grundlage des Kanzlerbriefes. Im Jahre 2004 wären 420 Millionen Euro fällig - die letzte “abschließende“ Rate Sanierungshilfe betrug 357 Millionen Euro - und im Jahr “eins“ nach dem Ende der Sanierung rechnet Bremens Haushaltsplan einen Scheck über 508 Millionen Euro in die Einnahmen ein. Dabei tut das Bremer Finanzressort so, als läge die Konjunktur vollkommen in der Verantwortung des Bundesfinanzministers - jeder Euro Steuer-Mindereinnahme wird auf das Konto „Kanzlerbrief“ aufgeschlagen. Umgekehrt werden Entlastungen über die Reform „Hartz IV“ (derzeitige Schätzung: 130 Millionen Euro) abgerechnet.

Die Bundesregierung darf aber gar nicht einen Scheck zur Deckung laufender Ausgaben in einem Bundesland ausstellen. Hinzu kommt: Selbst mit einem Scheck aus Berlin in der gewünschten Höhe wäre der Bremer Haushalt weit von dem Ziel der verfassungskonformen Deckung der laufenden Ausgaben durch laufende Einnahmen entfernt. Selbst die Berücksichtigung der bisher angemeldeten Bedarfe „würde den zulässigen Rahmen sprengen, so dass die Vorlage verfassungskonformer Haushalte 2005 zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht realisierbar erscheint“, heißt es in der Senatsvorlage des Finanzsenators zusammenfassend.

Vor allem in den Bereichen Bildung und Soziales hat der Senat im vergangenen Herbst bei den Beschlüssen über die „Eckwerte“ des Haushaltes heftig geschummelt. Die laufenden Ausgaben für Sozialhilfe lagen im Jahre 2003 absehbar bei 532 Millionen Euro. Das Sozialressort will mit großen Anstrengungen die Grenze auch in diesem Jahr einhalten. Im Haushalt sind bisher aber nur 483 Millionen Euro vorgesehen, weil es die Hoffnung gab, die Zahl der Sozialhilfeempfänger könnte sinken. Aber die Arbeitsmarktlage ist schlecht, die Zahlen sind nicht zu drücken. Und der Innensenator kommt auch nicht mit der geplanten Steigerung von Abschiebungen nach.

Im Bildungsressort sollen Personalkosten „gespart“ werden. De facto werden sie auf eine Bildungsinfrastruktur-GmbH verlagert und zur Investition deklariert - und Investitionen darf man nach Haushaltsrecht über Kredite finanzieren. Die Bürgerschaft will ihre Personalmittel überziehen und der Innensenator verspricht, überhöhte Personalkosten durch mehr Knöllchen-Einnahmen zu decken. „Die Senatskanzlei und die Ressortspitzen versuchen immer noch mit Buchungstricks und unrealistischen Annahmen die Mär vom verfassungskonformen Haushalt 2005 wenigstens auf dem Papier aufrechtzuerhalten“, kritisieren die Grünen. „Dem Sozialressort jetzt den schwarzen Peter zuschieben zu wollen, ist absurd“, so die Grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert. kawe