: Vivantes muss weiter an Tropf
Die Vivantes-Geschäftsführung hat noch kein Konzept zur Sanierung des Konzerns, obwohl es gestern intern vorliegen sollte. Rufe nach Privatisierung werden lauter
Die Lage des Klinikkonzerns Vivantes bleibt labil. In der gestrigen Sitzung des Wirtschaftsausschusses der landeseigenen GmbH konnte die Geschäftsführung kein schlüssiges Sanierungskonzept vorweisen – obwohl der Montagstermin intern verabredet war. Aufsichtsratsmitglied Giovanni Ammirabile sagte, dass mit dem Konzept erst Mitte Mai zu rechnen sei.
Der Wirtschaftsausschuss stellte gestern in einer Empfehlung an den Aufsichtsrat fest, die „Lebensfähigkeit des Unternehmens könne nur durch zwei Prämissen erreicht werden: Die Beschäftigten müssten in den Tarifverhandlungen mit dem Senat auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten. Zudem müsse das Land die Altschulden in Eigenkapital umwandeln.
Der vom Land Berlin gewährte Kredit von 230 Millionen Euro wird nach Berechnungen der Geschäftsführung spätestens Mitte April ausgeschöpft sein. Weitere Kredite machte der Senat davon abhängig, ob die Konzernführung bis Ende des Monats ein Konzept zur Sanierung des Klinikkonzerns vorweisen kann.
Das Defizit der Klinik GmbH betrug im vergangenen Jahr über 29 Millionen Euro, für 2004 rechnet Vivantes mit Verlusten in Höhe von 45 Millionen Euro.
Angesichts der wahrscheinlichen Verspätung fordert der haushaltspolitische Sprecher der PDS, Carl Wechselberg, einen Wechsel an der Führungsspitze von Vivantes. Auch darüber, einzelne Häuser zu verkaufen, denkt Wechselberg laut nach. „Privatisierung ist kein Königsweg, doch muss eine Lösung gefunden werden, die den Landeshaushalt am wenigsten belastet.“ Damit steht Wechselberg in der eigenen Partei einsam da. Sowohl die gesundheitspolitische Sprecherin, Ingeborg Simon, als auch Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner sind dagegen. Deren Sprecherin, Roswitha Steinbrenner, warnt davor, Privatisierung als Allheilmittel anzusehen. „Mit dem Verkauf einzelner Häuser sinkt auch das Budget, Vivantes bleibt auf überzähligen Mitarbeitern sitzen. Effekte, die durch die Zentralisierung entstanden, gehen verloren.“
Auch SPD-Gesundheitsexperte Andreas Pape will keine Privatisierungsdebatte: „Das wäre die Ultima Ratio, doch an diesem Punkt sind wir noch längst nicht.“ Doch selbst im Falle einer Privatisierung müsse die Liquidität des Konzern in der Übergangszeit durch das Land abgesichert werden, so Wechselberg.
ANNA LEHMANN
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