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Hauptsache kein Käufer

„Tagesspiegel“-Geschäftsführer Joachim Meinhold wettert beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland gegen das Kartellamt und schießt ein paar Eigentore. Nicht schlimm, solange keiner das Blatt will

„Dass Wettbewerb Meinungsfreiheit sichert, ist für mich nicht erwiesen“

aus Leipzig LARS RADAU

Wolfgang Clement mochte nicht so richtig mitspielen. Eigentlich, so war es vereinbart, hätte sich der Wirtschaftsminister am Dienstag per Live-Schaltung aus Asien den Journalistenfragen aus Leipzig stellen sollen. Wohl überwiegend kritischen, schließlich ging es um Ministererlaubnis zum Berliner Zeitungsmarkt. Mit Spannung wurde erwartet, ob Clement die vom Kartellamt untersagte Übernahme des Berliner Verlages durch den Stuttgarter Medienkonzern Holtzbrinck nicht doch genehmigt.

Doch stattdessen hatte das Ministerium am Vormittag eine dürre sechszeilige Pressemitteilung verschickt, die aus dem vermeintlich spannendsten Thema des Medientreffpunkts Mitteldeutschland so ziemlich alle Luft ließ: Die Voraussetzungen für eine endgültige Bewertung seien noch nicht erfüllt. Denn zunächst, so die Auflage des Ministers, muss Tagesspiegel-Geschäftsführer Joachim Meinhold einen „Markttest“ machen – und belegen, dass sich für das hoch defizitäre Blatt, das Holtzbrinck nun auch brav pro forma zum Verkauf anbietet, tatsächlich kein Käufer findet. Entsprechend entspannt schlenderte Meinhold beim Branchentreff im Leipziger Westin-Hotel daher auch zu seinem Platz auf dem Podium – schließlich entspricht der „Es gibt keinen Käufer Beweis“ genau seiner Strategie. „Ich gehe nicht davon aus, dass es in der derzeitigen Situation Interessenten für die Zeitung gibt“, sagt er mehrfach. Dabei hatte sich einer schon am Montag gemeldet: Der Münchner Verleger Dirk Ippen (Münchner Merkur, tz, HNA) hatte in einem Interview „grundsätzliches Interesse“ am Tagesspiegel signalisiert.

Doch Meinhold bleibt dabei: Die „Berliner Lösung“, die Holtzbrink vorschwebt – eine wirtschaftliche Fusion unter Beibehaltung zweier eigenständiger Redaktionen – sei nun mal „der einzige Weg, und zwar für beide Blätter“. Dass solche Modelle funktionierten und die Meinungsfreiheit nicht einschränkten, zeigten außerdem „die Beispiele Stuttgart und Köln“, so Meinhold. Doch gerade die Pressekonzentration in Köln – wo alle drei Zeitungen dem DuMont-Verlag gehören – gilt auch in der Branche selbst als bedenklich.

Ungeachtet der hoch gezogenen Augenbrauen bei Podium (u. a. Ex-Madsack-Geschäftsführer Karl Baedecker) und Publikum widmete Meinhold seine Energie dann Kartellamtschef Ulf Böge: Das Amt betreibe „eine systematische Verhinderung der Kooperation von Medienunternehmen“, wetterte Meinhold. Gerade beim Tagesspiegel seien schon mehrfach Optionen, das Blatt aus der Krise zu ziehen, am „restriktiven Verhalten“ des Kartellamts gescheitert. – Ein Angriff, den Böge ungerührt abtropfen ließ: „In anderen Fällen würden Sie uns Ihre eigene Argumentation um die Ohren hauen.“ Und ganz persönlich sei er, der Kartellamtschef, auch nicht unbedingt überzeugt, dass langfristig bei einer geplanten Teilfusion von Tagesspiegel und Berliner Zeitung tatsächlich zwei eigenständige Redaktionen erhalten blieben. Denn auf Dauer ließen sich die wirtschaftlichen Interessen eines Verlages schließlich nicht vom Produkt, der Redaktion und den Inhalten entkoppeln: „Es wäre vergleichbar, wenn wir die Fusion von zwei Stahlunternehmen mit dem Argument zuließen, dass zwei getrennte Geschäftsführungen erhalten bleiben“, verteidigte der Kartellamtschef sein Verbot. Zwischen Stahlplatten und Zeitungen, so Böges unterschwellige Botschaft an Meinhold, der vor seinem Wechsel in die Verlagswirtschaft selbst in der Stahlbranche gearbeitet hat, liegen eben doch Welten. „Eine Monopolisierung und Konzentration der Medien trifft die Verbraucher härter, schränkt ihre Freiheit ein“, so Böge. Mehr Wettbewerb sei allein schon deshalb dringend geboten.

Eigentlich eine Binsenweisheit, der der Tagesspiegel-Geschäftsführer aber nicht folgen wollte: „Dass mehr wirtschaftlicher Wettbewerb Meinungsfreiheit sichert, ist für mich in keiner Weise erwiesen.“ Er, Meinhold, fürchte bei der gegenwärtigen Rechtslage stattdessen ein „weiteres Zeitungssterben“. Und zeigte sich zum Schluss und „ausdrücklich als Privatperson“ beruhigenderweise optimistisch, dass der Tagesspiegel auch noch in zehn Jahren erscheint.

Fragt sich bloß, wie viele er davon noch mit gestaltet. Branchenkreise gehen jedenfalls davon aus, dass bei einer Genehmigung des verlegerischen Zusammenschlusses eher Meinholds dynamischer Geschäftsführerkollege Torsten-Jörn Klein vom Berliner Verlag das Ruder bei der vereinigten Berliner Tagesspiegel-Zeitung übernimmt.

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