: SPD sorgt für Ruhe
Parteivorstand schließt Abweichler in den eigenen Reihen nicht aus – lässt aber ihre Mitgliedsrechte ruhen
BERLIN taz ■ Am Wochenende hatte die SPD-Spitze auf die parteiinternen Kritiker noch mit harter Hand reagiert. Am Montag zeigten sich die Führungsleute den Abweichlern gegenüber eher von ihrer weichen Seite – auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht. Der Bundesvorstand beschloss nicht, wie von einigen zunächst befürchtet, die Genossen, die die Gründung einer neuen Linkspartei vorbereiten, aus der SPD auszuschließen. Die Parteiführung sandte ein letztes Versöhnungszeichen – sie setzte für sechs SPD-Mitglieder in einer so genannten Sofortmaßnahme die Mitgliedsrechte für drei Monate aus. In einem Schiedsverfahren wird in diesem Zeitraum geklärt, ob die Genossen in der SPD bleiben dürfen.
Eine Maßnahme, die trotz der demonstrativen Zurückhaltung zeigt, wie nervös die SPD-Führung ist? Aber nicht doch. Das sei nichts weiter als die „Aufrechterhaltung der Ordnung in der eigenen Organisation“, sagte der Noch-SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder nach der Vorstandssitzung. Eine selbstbewusste Partei könne es nun einmal nicht akzeptieren, wenn Mitglieder aus den eigenen Reihen zur Gründung einer anderen Partei aufriefen, sagte Schröder zur Begründung und schickte hinterher, dass er einen solch radikalen Schritt auch bedauere. Aber man könne nun wirklich nicht in Abrede stellen, dass die SPD dialogbereit mit ihren Kritikern sei. Nein, die sechs Genossen kenne er nicht persönlich. Dem einen oder anderen von ihnen sei er im Laufe der Jahre jedoch schon einmal begegnet.
Die sechs SPD-Mitglieder sind allesamt Mitglieder der IG Metall, fünf von ihnen in Bayern. Sie haben in den zurückliegenden Wochen eine „Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ aus der Taufe gehoben. Es ist einer von gegenwärtig zwei Versuchen, links von der SPD eine neue Partei zu gründen.
Hintergrund für die begrenzte Kuscheloffensive der SPD-Spitze ist die Befürchtung, dass die Botschaft vom Wochenende – wer nicht spurt, fliegt raus! – zu hart rüberkommt und kontraproduktiv auf die vielen parteiinternen Kritiker wirkt. Schröder und der designierte Parteichef Franz Müntefering hatten den Abweichlern offen mit Parteiausschluss gedroht. Über den Spiegel war ein Ukas von Generalsekretär Olaf Scholz an alle Parteifunktionäre bekannt geworden, die SPD-Führung über verdächtige Initiativen in den Kreisverbänden zu informieren.
Im Vorstand mahnte gestern insbesondere NRW-Landeschef Harald Schartau zur Vorsicht. Die SPD dürfe ihre Kritiker nicht ausgrenzen, sondern müsse ihnen Brücken bauen. „Nicht jeder, der uns kritisiert, will gleich eine Partei gründen“, sagte Schartau. Trotzdem unterstützte er die Schiedsverfahren gegen die Abweichler – genauso wie die Parteilinken um Andrea Nahles und Juso-Chef Niels Annen. Aber auch den Linken ist vor allem eine Botschaft wichtig: „Kritik an der SPD“, sagt Annen, „ist in der SPD erwünscht.“ JENS KÖNIG