: „Schulden machen“
DIW-Experte Andreas Cors empfiehlt Investitionen
taz: Herr Cors, die Steuerschätzer gehen von jährlichen Mindereinnahmen von mehr als 30 Milliarden Euro aus. Woher soll das Geld kommen?
Andreas Cors: Wir befinden uns im Moment in einer schwierigen konjunkturellen Situation, da kann man nicht von heute auf morgen Geld locker machen. Wichtig ist, dass die Wachstumsschwäche überwunden wird.
Die Wirtschaft ist aber weltweit schwach. Woher nehmen Sie den Optimismus, dass sie bald wieder wächst?
Von Optimismus kann im Moment nicht die Rede sein, es sieht eher nach Rezession aus. Die Frage ist, wie kann die Wachstumsschwäche in zwei oder drei Jahren überwunden werden.
Ja, wie denn?
Die Finanzpolitik muss wieder Vertrauen schaffen. Diese endlose Debatte über den Stabilitätspakt, dieses Hin und Her in der Steuerpolitik – das hat Konsumenten und Investoren vergrault. Der Staat muss mehr investieren: in das Bildungswesen, in die Infrastruktur.
Aber das würde ja noch zusätzlich Geld kosten.
Man könnte innerhalb des Budgets umschichten. Zurzeit werden die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung stark zurückgefahren. Da werden Gelder frei.
Und wie wollen Sie damit eine Lücke von 30 Milliarden füllen?
Wir dürfen jetzt nicht zusätzlich konsolidieren, sondern müssen kurzfristig höhere Schulden machen. Mittelfristig brauchen wir eine glaubwürdigere Finanzpolitik, keine Hauruck-Aktionen, die immer neue Töpfe ansprechen. Auch sollen die Zinsen endlich sinken.
Wird es für den Staat nicht immer schwieriger, die Wirtschaft in Schwung zu bringen? Nach jeder Talsohle bleibt ein größerer Sockel von Arbeitslosen übrig …
Nein, mit einer guten Wirtschaftspolitik ist das möglich. Aber wir dürfen uns nicht sklavisch an den Stabilitätspakt halten, sonst würgen wir die Konjunktur weiter ab.
Kann man 30 Milliarden Euro überhaupt durch Wachstum erzielen? Da bräuchte man ein sagenhaftes Wachstum von 5 Prozent.
Das geht sehr wohl. Wenn ein Wachstumsimpuls mit den positiven Wirkungen der Arbeitsmarktreformen zusammenfällt, dann sprudeln die Steuereinnahmen sehr schnell wieder.
INTERVIEW: KATHARINA KOUFEN