Lauschangriff auf SPD

Telefongespräche und Faxe der SPD-Zentrale unrechtmäßig überprüft. Vorwurf der Innenbehörde sollte belegt werden, diese habe Schills Stabsabteilung ausspionieren lassen. SPD spricht von „Willkür und nicht rechtsstaatlichem Verfahren“

von SVEN-MICHAEL VEIT

Ties Rabe formuliert normalerweise zurückhaltend, aber gestern ließ er an Deutlichkeit nicht mangeln: „Das Verfahren ist willkürlich und nicht rechtsstaatlich“, behauptete der Landesgeschäftsführer der Hamburger SPD. Walter Wellinghausen, Staatsrat der Innenbehörde, habe es „fingiert, um die Justiz skrupellos gegen den politischen Gegner einzusetzen“.

Staatsanwaltschaft und das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) der Innenbehörde ermitteln seit fast sechs Monaten gegen SPD-Pressesprecher Christoph Holstein wegen des Verdachts der Anstiftung zum Geheimnisverrat. Er soll eine Sekretärin in der Chefetage von Innensenator Ronald Schill und Staatsrat Wellinghausen Ende November 2002 verleitet haben, ihm ein internes Papier zu übermitteln, um dieses seinerseits an Medien weiterzugeben (siehe Kasten).

Es liege aber „kein Straftatbestand vor“, erläuterte gestern dessen Anwalt Thomas Bliwier, nachdem er „endlich“ Akteneinsicht bekommen hatte. Die war ihm monatelang verwehrt worden. Das fragliche Papier von Thomas Model, damals Referent des Senators, enthält einen Vorschlag für eine fingierte Stellenausschreibung. Wie auch immer es an die Öffentlichkeit gekommen sei, so der Strafrechtler, sei dessen Inhalt „nicht geheimhaltungswürdig“, sondern seinerseits „rechtswidrig“. Fragwürdig sei zudem, dass Holstein „bis heute kein rechtliches Gehör zugestanden“ wurde: „Der Beschuldigte wurde nie vernommen.“

Erbost sind Rabe und Bliwier zudem über zwei Details aus der Ermittlungsakte. Nachträglich wurden alle Verbindungsdaten von Holsteins Diensttelefon und -fax sowie von dessen Handy im fraglichen Zeitraum von der Staatsanwaltschaft abgefragt. „Unzulässig“, befindet Bliwier. Erlaubt sei dies laut Gesetz nur bei „Straftaten von besonderer Bedeutung: Mord, Hochverrat, Geldwäsche und ähnliches.“

Zudem erschienen Details aus der Akte Mitte Februar in der Bild-„Zeitung“ – nachdem Wellinghausen und Model mit dem Autoren „in einem Raum der Behörde zusammensaßen“, wie Rabe aus verlässlicher Quelle erfahren haben will. Model bestritt das gegenüber der taz auf Anfrage: „Das ist falsch.“

Rabe ist sich dennoch sicher, dass der Spionage-Vorwurf inszeniert wurde, „um die SPD zu kriminalisieren“. Und Anwalt Bliwier rät, das Verfahren sang- und klanglos einzustellen. „Obwohl“, grinste er, „auf die öffentliche Beweiserhebung vor Gericht würde ich mich mächtig freuen.“