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Archiv-Artikel

Höhere Kosten für Fonds

Havarieren Windfonds wegen teurer Policen? Härtere Versicherungskonditionen könnten die Luftaus vielen Fonds lassen. Einige Versicherer kündigen derzeit Policen von Windkraftanlagen

Windfonds können gefährdet sein, wenn sie keine Rücklagen gebildet haben

Die großen Versicherer kündigen derzeit verstärkt den Versicherungsschutz von Windkraftanlagen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen: Windfonds können gefährdet sein, wenn sie nicht genügend Rücklagen gebildet haben. Die Gelegenheit zur Kündigung ergibt sich nach jedem Schadensfall oder wenn Versicherungen für Maschinenschäden oder Betriebsunterbrechungen – in der Regel nach fünf Jahren – auslaufen. Die meisten Windkraftbetreiber erhalten dann zwar neue Policen, aber mit schlechteren Konditionen.

Die Beiträge steigen, ebenso die Selbstbeteiligungen. Außerdem setzen Entschädigungen für Ausfallzeiten später ein. Während früher die Absicherung des Risikos meist nach dem zweiten oder dritten Ausfalltag griff, kommen die Versicherungen künftig erst nach dem fünften (zum Beispiel Gothaer) oder siebten (Allianz) Tag für den Maschinenstillstand auf. Generell gilt: Altanlagen mit Turbinen von Herstellern, die inzwischen Konkurs gegangen sind, lassen sich schwerer wieder neu versichern als die Windmühlen von Marktführern, die umfangreiche Garantieleistungen erbringen, über eingespielte Wartungskonzepte verfügen und Ersatzteile schnell liefern. Große Versicherer wie Allianz und Gothaer haben Listen von Herstellern und Modellen erarbeitet, aus denen hervorgeht, für welche Windkraftanlagen sie welche Policen ausgeben. Veröffentlichen wollen sie diese Listen aber nicht: Sie gelten als „Geschäftsgeheimnis“.

Die Versicherer bestehen in den neuen Abschlüssen auf so genannten Revisionsklauseln. Es gibt sie in unterschiedlichen Varianten: Eine – aus Betreibersicht – „harte“ Version schreibt den Austausch bestimmter Maschinenteile nach 40.000 Betriebsstunden (bei voller Laufzeit knapp fünf Jahre) vor – unabhängig vom Zustand. Kirsten Becker, Pressesprecherin der Allianz, sagt, ihr Unternehmen verpflichte nach dieser Betriebszeit, spätestens aber nach fünf Jahren, zum Austausch etwa von Getriebelager, Rotorhauptlager und Generatorlager.

Eine etwas „weichere“ Linie fährt die Gothaer. Nach Angaben von Stephan Zilkens, Leiter der Abteilung Technische Versicherungen, müssten die Betreiber künftig eine „zustandsorientierte Instandhaltung“ gewährleisten. Die neuen Verträge sähen für Anlagen ab 1,5 Megawatt vor, dass ein unabhängiger Sachverständiger sie einmal im Jahr begutachte. Er soll unter anderem den Zustand des Antriebsstranges und der Rotorblätter kontrollieren. Die Kosten für die Gutachten – zwischen 1.500 und 2.000 Euro je Anlage – haben die Betreiber zu tragen. Sie müssen außerdem einen Wartungsvertrag mit dem Hersteller oder einer qualifizierten Wartungsfirma abgeschlossen haben.

Arnulf Nortmann, Mitglied im Finanzierungsbeirat des Bundesverbands WindEnergie sagt über die Folgen für Windfonds: „Auf jeden Fall werden bei Windfonds künftig höhere Rückstellungen nötig sein.“ Einige Fonds könnten havarieren, fürchtet Nortmann, und Anleger sich enttäuscht zurückziehen, weil durch höhere Versicherungskosten und Rückstellungen die Ausschüttungen der Fonds sinken.

Auch andere Vertreter der Branche halten schwer wiegende Folgen zumindest für möglich. Harald Guth, Prokurist beim Versicherungsbüro für Umweltprojekte in Quickborn, meint: „Windfonds können gefährdet sein, wenn sie nicht vorbeugend Rücklagen gebildet haben.“ Eine Instandhaltungsrevision, wie sie derzeit bei allen Versicherern in den neu abzuschließenden Verträgen vorgesehen sei, könne bei einer 1-Megawatt-Anlage bis zu 150.000 Euro kosten. Windparks seien meist auf eine Laufzeit von 20 Jahren ausgerichtet. Auf die Betreiberfonds könnten damit Mehrkosten bis zu 450.000 Euro je installiertem Megawatt zukommen.

Mit wesentlich geringeren Folgekosten rechnet Bogislav von Langenn-Steinkeller, Windkraftspezialist bei der Vereins- und Westbank AG in Hamburg. Sollte ein Windfonds tatsächlich keine andere Versicherung für seine Anlagen finden, als eine, die alle 40.000 Betriebsstunden den Austausch wesentlicher Komponenten vorschreibt, erwarte die West- und Vereinsbank folgendes Szenario: Für eine 1,5-Megawatt-Anlage entstünden pro Jahr etwa 15.000 Euro zusätzliche Kosten für die Instandhaltung. Systematische Beitragserhöhungen bei den Versicherungen jedoch beobachtet von Langenn-Steinkeller seit langem. Während früher Konditionen möglich waren, in denen für die Versicherung unter normalen Bedingungen 2,50 Euro je Kilowatt Leistung für die Windkraftanlage anfielen, seien derzeit vier bis fünf Euro je Kilowatt und Jahr üblich.

Doch von Langenn-Steinkeller bezweifelt, dass sich die Pflicht zum zustandsunabhängigen Austausch entscheidender Komponenten in den Versicherungsverträgen durchsetzen wird. Seiner Bank lägen bislang noch keine Neuabschlüsse von Versicherungen für Windenergieanlagen mit solchen Revisionsklauseln vor. Sollten solche Verträge auf Anlagen zukommen, die derzeit drei oder vier Jahre Laufzeit hinter sich haben, werde man bei den Windfonds die Rückstellungen erhöhen, was die Ausschüttungen an den Anleger verringerten. „Das sind aber nur Worst-Case-Szenarien.“ Von Langenn-Steinkeller ist sich sicher: „Die Versicherungen verhandeln jetzt mit den Herstellern über Schutzbriefkonzepte, und dann wird eine Lösung gefunden.“

Die Assekuranzen haben die Notbremse gezogen, als sich abzeichnete, dass sie 2002 im Versicherungsgeschäft mit Windkraftanlagen tief rote Zahlen schreiben würden. Stephan Zilkens von der Gothaer berichtet, sein Unternehmen habe 3.500 bis 4.000 Anlagen unter Vertrag. Pro Jahr träten rund 700 bis 800 Schäden auf, darunter seien kleine Schäden, aber auch große, etwa Getriebeschäden. „Zwar treten dafür die Hersteller in Gewährleistung. Für uns bleibt aber die Betriebsunterbrechung als gravierendes Problem“, so Zilkens. Ein Hersteller habe mehrfach über sechs Monate für die Lieferung eines Rotorblattlagers gebraucht. Der Schaden betrug jeweils 100.000 Euro.

Die Branche erhofft sich Besserung von technischen Überwachungssystemen, die ständige Messungen am Getriebestrang ermöglichen, den Verschleiß feststellen und vorbeugend Schäden erkennen. Die Hersteller – etwa Enercon – bieten außerdem vermehrt Garantie- und Wartungspakete an, die eine kontinuierliche Instandhaltung und das Aufkommen des Herstellers für Schäden vorsehen. Hier signalisiert auch die eher strenge Allianz Entgegenkommen. Von der Revisionsklausel abweichende Vereinbarungen könnten getroffen werden, wenn geeignete kontinuierliche Überwachungssysteme vorhanden seien, heißt es. VOLKER UPHOFF/ECOREPORTER.DE