: Es gibt nichts mehr zu verlieren
Während die Frauen von Tennis Borussia einen Erfolg im Abstiegskampf verbuchen, dümpelt die Herrenmannschaft in der Oberliga herum und vergeigt die Teilnahme am DFB-Pokal. Ein möglicher Sponsor ist auch schon abgesprungen
Stefan Wöpke verzieht das Gesicht, so, dass die Frustrationsfalten des 57-Jährigen auch durch die Sonnenstrahlen, die das Mommsenstadion erhellen, nicht kaschiert werden. „Es passt einfach alles zusammen in dieser Saison“, sagt der stellvertretende TeBe-Aufsichtsratsvorsitzende und spricht von der Niederlage der ersten Herrenmannschaft, die vergangene Woche im Paul-Rusch-Pokal gegen die Reinickendorfer Füchse mit 0:1 den Kürzeren zog und damit die Teilnahme am DFB-Pokal verpasste. Weniger der Start in den Wettbewerb wäre der Anlass für Freude gewesen, sondern viel mehr die damit verknüpfte Startprämie von 30.000 Euro.
Diese Summe, so gering sie auch im heutigen Amateurfußball erscheinen mag, hätte Tennis Borussia viel geholfen, um die Forderungen von Gläubigern zu erfüllen. Zu diesen gehörte zum Beispiel auch Peter Ränke, der Trainer des Oberligisten, der auf sein Gehalt klagte. „Das hing mit dem alten Vorstand zusammen“, wiegelt der Fußballlehrer jetzt ab, was in etwa heißen soll, dass unter dem seit März neu amtierenden Vorstand sich viel geändert habe. Das ist auch nötig, denn TeBe profilierte sich auch im letzten Jahr, nach dem Ausstieg der Göttinger Gruppe, nicht gerade durch konsequentes Wirtschaften. Verbindlichkeiten von 250.000 Euro kamen zum Vorschein.
Da traf es sich gut, dass kürzlich eine Sponsorengruppe an der Waldschulallee anklopfte – die „Mrosko-Gruppe“. Hinter dem Namen verbergen sich der frühere Vizepräsident des Noch-Zweitligisten FC St. Pauli, Christian Pothe, sowie die vor kurzem beim Kiez-Club geschasste Geschäftsführerin, Tatjana Groeteke. Namensgeber des Sponsors ist der frühere TeBe-Jugendtrainer Lars Mrosko.
Mit einem fertigen Konzept sowie konkreten Personalvorstellungen, die auch Trainerstellen umfasste, trat die Gruppe an die Charlottenburger heran, und im Umfeld von TeBe wuchs die Hoffnung, dass eine turbulente Saison, kulminierend im Insolvenzverfahren, dessen Beginn für den 1. Juni anvisiert ist, und ein sportlich unbefriedigendes Jahr doch noch einen zufriedenstellenden Abschluss finden könnten.
Doch der neue Aufsichtsrat um Willi Kausch, seines Zeichens Veranstalter der Silvester-Böllerei am Brandenburger Tor, lehnte zum Entsetzen vieler die Anfrage der Hanseaten ab, worauf diese sich zurückzogen. „Die Trainerfrage war nicht der Knackpunkt“, gibt sich Wöpke bedeckt bei der Ursachenforschung, warum es zu keiner Kooperation mit den Mroskos kam. Vielleicht lag es daran, dass die Sponsoren in spe gerne Transparenz haben wollten und sich einige Tennis-Borussia-Führungen schon in der Vergangenheit damit schwer getan haben. Vielleicht liegt in einer Schublade doch noch ein vergilbter Vertrag, der den Verein mit bislang unbekannten Verbindlichkeiten belasten könnte? „Das sind die Untiefen des Vereins“, schmunzelt Wöpke.
Ein anderes Argument sind die trübseligen Erfahrungen, als die Versicherer von der Göttinger Gruppe vor fünf Jahren gleich den ganzen Verein umkrempelten, um daraus einen Gewinn bringenden Champions-League-Teilnehmer zu basteln. „Das kam ein bisschen zu früh für uns“, sagt Wöpke deshalb bezüglich der Mrosko-Offerte.
Mit größter Wahrscheinlichkeit kommt aber jegliche Hilfe zu spät für die Frauen-Mannschaft. Die hamsterte beim 3:1-Erfolg über den FSV Frankfurt zwar drei wichtige Zähler im Kampf um den Klassenerhalt, aber bei einem Insolvenzverfahren muss laut DFB-Statut das ranghöchste Team absteigen – und das sind die in der Bundesliga spielenden TeBe-Frauen. „Wir haben nichts mehr zu verlieren, und vielleicht haben wir deshalb so frei aufgespielt“, sagt Trainerin Gaby Wahnschaffe. MARCUS VOGT