: Idylle mit Konzentrationslager
Stätten der NS-Tötungsmaschinerie oder banale Tourismus-Orte? Ausstellungen in der Galerie 2yK und bei Sensor K dokumentieren den Stand deutscher Erinnerungskultur
„Conservation Camp 01 – Auschwitz“ ist der Titel der Ausstellung von Sarah Schönfeld und Sascha Schmalenberg in der Fabrik am Flutgraben. Tatsächlich zeigen die dokumentarischen Fotos und Filmaufnahmen von Schmalenberg die ehemalige Folterstätte als Ausflugsziel shortsbewehrter Sonntagsausflügler und T-Shirt-bekleideter Teens. Selbst wenn die unabweisliche Vergangenheit noch so grauenvoll war, heute findet die Kamera des Dokumentaristen mehr als die Vergangenheit des Nationalsozialismus, die Banalität der Erinnerungsmaschinerie. „Auschwitz – Birkenau – Sightseeing of Krakow“ steht in fetter Serifen-Type auf dem bemalten Reisebus. Neben dem Wachturm und Stacheldraht des Lagers nimmt sich die pragmatische Ankündigung der Reisetour wie eine frohgemute Einladung zu ein bisschen Horrorshow aus, der authentische Grusel – im bequemen Polstersessel an den Fensterscheiben vorbeigleitend.
Das Bild und auch der Bus seien keine Artefakte, sondern völlig authentisch, genau in dieser Weise werbe das Unternehmen für seine Fahrten, beteuern die Künstler. Das Foto ist nicht das einzige absurd anmutende Bild in der herausragend konzipierten und präsentierten Ausstellung der beiden jungen Nachwuchskünstler, die das Ergebnis einer mehrjährigen Recherche ist. Zu sehen ist auch das prototypische, moderne Einfamilienhaus mit hübschem Garten. Die vom quietschgrünem, streichholzkurzen Rasen eingerahmte Idylle erfährt allerdings einen hässlichen Bruch durch den am rechten Bildrand auftauchenden Klotz des pechschwarzen Lagers.
Das Wissen um die Grauen der Tötungsmaschinerie in ihrer Monstrosität zeigen wollte Sarah Schönfeld mit der „Performance 1“ am 1. 3. 2002. Vor dem Krematorium entkleidete sich die Künstlerin und zeigte ihren unversehrten Körper in gleicher Pose wie ehemals die Gefangenen. Der Anmaßung ist sie sich bewusst – die Performance sei „eine Metapher für den Menschen, der keinen Bezug mehr zu dieser Zeit hat und sich der Symbole und Ereignisse wie in einem Selbstbedienungsladen bedient“, kommentiert Schönfeld.
Symbole des Nationalsozialismus spielen auch in der Ausstellung „Deutsche Eiche“ von Marcel Steger bei Sensor K eine markante Rolle. Steger wählt in der von Joséphine Barbenhatz kuratierten Ausstellung einen Ansatz, der das virulente Klischee vom „Deutschtum“ häufig in spielerischer Weise überzeichnet und gerade dadurch in die Groteske treibt. Das geschieht nicht zuletzt durch das geschickte Arrangement der Bilder. „Weil ich kein Jude bin, hab ich für Schweine Sinn“ steht auf dem Eichenbalken eines Schweinestalls, der von den aktuellen Eigentümern neu restauriert wurde. Die sind Bauern und Juden.
Dieses Foto kontrastiert das eines Schützenvereins, der auch gegenwärtig noch das Symbol des Eisenen Kreuzes auf seiner Fahne trägt. Die Vereinsbrüder posieren stolz mit der Fahne für den Fotografen.
RICHARD RABENSAAT
„Conservation Camp 01 – Auschwitz“, bis 25. 5., Do–So 14–19 Uhr, Galerie 2yK, am Flutgraben 3; „Deutsche Eiche“, bis 23. 5., Di–Do 14–19 Uhr, Sensor K, Mehringdamm 79