Schnipsel jagt Schnäppchen

Neue Idee zur Konsumanstiftung in Hamburg: An Stadtteilen orientierte Rabatt-Magazine sollen Kundschaft in Läden und Restaurants locken. In anderen Ländern boomt das „Couponing“ längst

von GERNOT KNÖDLER

Es ist einige Jahre her, da hatten Werner und Edmund Marcinowski eine erfolgreiche Geschäftsidee. Die Brüder erfanden Prinz, das Stadt-Magazin, das in jeder Großstadt im gleichen Gewand auftritt. Mit dem New-Economy-Boom sattelten sie um auf den Internet-Dienstleister Popnet. Jetzt surfen sie auf der Geiz-ist-geil-Welle neuen wirtschaftlichen Abenteuern entgegen: Sie lassen in Hamburger Stadtteilen das Coupon-Magazin smarts.money verteilen. „Altona / Eimsbüttel“, soeben in die Briefkästen verteilt, ist ein kleines Heft voller Rabattmarken mit ein paar Artikeln zu Verbraucher-Themen und vor allem zum „Couponing“, dem heißen Trend des Rabattmarken-Ausschneidens.

Diese Form der Werbung ist in Deutschland erst seit zwei Jahren möglich, als das Rabattgesetz aufgehoben wurde, das Preisnachlässe in der Regel auf drei Prozent begrenzte. Nachdem das allgemeine Feilschen ausblieb, scheint jetzt eine Veränderung der Konsumgewohnheiten ins Haus zu stehen. Selbst ein Geschäft wie Label&Trends im Ottenser Mercado, das sich Feilschen verbittet, ist mit einem Coupon in smarts.money vertreten. So bestimmt der Laden die Regeln selbst: Wer für mindestens 50 Euro einkauft, bekommt mit einem Coupon fünf Prozent Rabatt, ab 100 Euro sind es zehn Prozent, ab 150 Euro 15.

Die Brüder Marcinowski und ihre beiden Geschäftspartner „aus dem Medienbereich“ sind keineswegs die ersten, die in Deutschland ein Rabatt-Magazin anbieten. Im September 2002 hat der Axel-Springer-Verlag mit Cent Plus ein reines Coupon-Magazin aufgelegt, das über Bild am Sonntag und Bild der Frau in Millionenauflage bundesweit verbreitet wird. Springer arbeitet mit Markenherstellern und großen Handelsketten zusammen: Die Coupons werden beim Kauf in die Kasse eingelesen und über eine Clearingstelle verrechnet. Die Kosten des Rabatts trägt der Hersteller.

Smarts.money funktioniert anders: Hier sind es im Wesentlichen die Ladeninhaber, die die Rabatte anbieten. Das kann auch eine Schneiderei, ein Bäcker oder eine Autowerkstatt sein. „Wir wollen die Einkaufsrealität der Konsumenten wiederspiegeln“, sagt Werner Marcinowski. Diese kauften in der Regel in ihrer weiteren Nachbarschaft ein und führen ab und zu mal zu Ikea. Marcinowski und Co. tüfteln derzeit aus, wie die Verteilungsgebiete zugeschnitten werden müssen. „Mittelfristig sehen wir sieben Bereiche in Hamburg“, sagt Werner Marcinowski.

Für Marcinowskis Firma Dema, Gesellschaft für dezentrales Marketing, ist Hamburg ein Testmarkt. Einige Kunden hätten ihren Umsatz deutlich gesteigert, sagt Marcinowski. Schlechten Läden helfe allerdings auch das Couponing nicht. Bei den Konsumenten kämen die Rabattmarken „unheimlich gut an“, weil sie wie Geld im Portemonnaie seien. „Ich gehe davon aus, dass die Pilotphase hier gelingen wird“, sagt Marcinowski.

„Es wird sich im Laufe dieses Jahres entscheiden, wie erfolgreich das wird“, vermutet Martin Jastorff, der Leiter des Projekts Cent Plus bei Springer. Der Erfolg hänge nicht zuletzt von der Bereitschaft der Industrie ab, ihre Werbeetats umzuschichten. In Großbritannien seien 2001 rund 549 Millionen Coupons eingelöst worden, in Frankreich 300 Millionen, heißt es bei smarts.money. In den USA würden jährlich mehr als vier Milliarden Coupons eingelöst – im Gegenwert von 3,6 Milliarden US-Dollar.

Dabei kosten manche Rabattmarken-Hefte sogar Geld. Der von Katja Spilker herausgegebene günstling (www.guenstling.de) gewährt Nachlässe in Cafés und Restaurants: Wer zwei Getränke oder Gerichte bestellt, bekommt das günstigere kostenlos. Einmal essen gehen, argumentiert Spilker, schon hätten sich die 17,90 Euro, die der günstling kostet, amortisiert. Die Lokale liegen verstreut in der inneren Stadt, vorwiegend westlich der Alster. Im Kleingedruckten ist die Gültigkeit der Gutscheine zum Teil auf bestimmte Wochentage beschränkt.

Viel früher schon hat eine Stadtteilinitiative mit dieser Idee gearbeitet. Seit 1998 verkauft die „Kurverwaltung St. Pauli“ ein Rabattmarken-Heft, dessen Erlös sozialen Projekten im Stadtteil zugute kommt. Die Kurtaxenhefte gibt es im Cafée mit Herz im ehemaligen Hafenkrankenhaus.