Ein Streit um 60 Sekunden

Der Wahlspot der PDS-nahe WählerInnen-Initiative „Bisschen mehr links bitte“ wurde im Cinemaxx nicht gezeigt. Die Begründung: Die Hamburger Multiplex-Kette zeige generell keine Wahlwerbung

„Natürlich zeigen wir Wahlwerbung von der PDS, schließlich bringt das Geld“

taz ■ Anstößig ist der Wahlspot der WählerInnen-Initiative „Bisschen mehr links bitte“ eigentlich nicht: Zwar liegen die beiden Beirats-KandidatInnen im Bett, während ihnen ein alerter Wahlkampf-Manager das Einmaleins des Marketing erklärt. Aber sie sind dabei bekleidet. Zu viel nackte Haut kann nicht der Anlass gewesen sein, warum der Spot im Cinemaxx nicht gezeigt wurde. Es werden auch keine Tiere gequält, und niemand ruft zu Straftaten auf. Warum also zierte sich das Multiplex als einziges Bremer Kino die 60 Sekunden zu zeigen? Liegt es daran, dass im Abspann die Forderung auftaucht, PDS zu wählen? Das jedenfalls vermutete Christoph Spehr von der WählerInnen-Initiative, nachdem ihm gesagt worden war, das Cinemaxx zeige grundsätzlich keine Wahlwerbung. Doch: Am Donnerstag sah er genau dort Spots von CDU und FDP

Eine Nachfrage bei der Agir-Kinowerbung, die den Spot für Spehr in den anderen Kinos platziert hatte, bestätigte zunächst den Eindruck, hier sei eine Partei bewusst boykottiert worden. „Uns hat man gesagt, das Cinemaxx schalte keine PDS-Werbung“, sagt Thorsten Kuhlemann von der Agir. Das Problem: Diese Information kam nicht von der Cinemaxx-AG, sondern von der Heinefilm-Kinowerbung, die wiederum im Auftrag der Hamburger Kino-Kette die Werbeblöcke zusammenstellt. Kurz zusammengefasst: Die Wähler-Ini redet mit der Agir, die mit der Heinefilm und die wiederum mit dem Cinemaxx. Und an irgendeinem Glied in dieser Kommunikations-Kette hat irgendwer etwas Falsches erzählt. Ob bewusst oder unbewusst – das lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen.

Cinemaxx-Sprecher Arne Schmidt: „Natürlich zeigen wir Wahlwerbung, auch von der PDS, schließlich bringt uns das Geld.“ Davon abgesehen bestimme die Heinefilm, was über die Leinwände flimmert. „Wir können nur im Nachhinein sagen, wir möchten etwas nicht haben.“ Wie zuletzt im Fall einer rechten Organisation, deren Spot das Cinemaxx aus dem Programm nehmen ließ. Um so einen Fall zu vermeiden, habe man erklärt, keine „extremen Bekundungen“ auf ihren Leinwänden sehen zu wollen. Es sei möglich, dass die Heinefilm da etwas missverstanden habe.

So stellt es auch der Werbevermittler selbst dar. Ein großes Missverständnis. „Wir haben gesagt, dass das Cinemaxx keine Wahlwerbung will“, bestätigt Geschäftsführer Christoph Hirschberg. Warum nicht aufgefallen sei, dass es sich bei den Spots von CDU und FDP ebenfalls um Wahlwerbung gehandelt habe, kann weder er noch die zuständige Sachbearbeiterin erklären. „So etwas kann passieren“, sagt Rita Rühle. Und: „Das war keine böse Absicht.“

Nachdem alle Missverständnisse aus dem Weg geräumt sind, soll der Spot jetzt doch noch bis zur Wahl am Sonntag laufen. Glück im Unglück, denn die Agir nimmt die Geschichte auf ihre Kappe und verzichtet auf das Honorar. Ob Cinemaxx und Heinefilm sich dem anschließen, war gestern noch nicht klar.

Eiken Bruhn