: Klimpern, nicht klotzen
Die Deutsche Kammerphilharmonie wuchert mit dem kreativen Pfund von Kindern: Angeleitet von fünf Profi-Komponisten verfassen Bremer Schüler Musik. Am Mittwoch sind die Uraufführungen
Man darf getrost von Krach sprechen. Tosend bearbeiten die Schüler ihre Instrumente – Saxofon, Klarinette, zwei Geigen, drei Celli, Kuhglocke, Schlagzeug, Blockflöten auch. Dann ebbt es langsam ab, flackert noch hie und da auf, raschelt, zischt – aus.
„Klimpere nie“, diese Maxime Robert Schumanns jedenfalls ist außer Kraft gesetzt in der Musik-Projektgruppe der fünften und sechsten Klassen des Schulzentrums Brokstraße. Zu Recht: Jemand, der sich die Finger zwecks größerer Spannweite auseinander gebunden hat, bis die Sehnen kaputt waren, ist ganz sicher nicht der Richtige, um Haus- und Lebensregeln weiterzugeben. Die Experimentierlust, das Ausloten der klanglichen Möglichkeiten – dafür hatte der Komponist nicht die richtigen Ohren.
So ist Krach zwar zunächst einmal eine unangenehme Empfindung. Aber als absichtlich produziertes Geräusch hat er maximales kreatives Potenzial. In dem Moment, in dem er Struktur erhält, wird er zu einem Ausdrucksmedium: Das Thema Feuer haben sich die Kinder ausgesucht. Deshalb also das allmähliche Verlöschen! Musik funktioniert auch ohne Melodie.
Das ist nicht der einzige, aber vielleicht der einleuchtendste Weg zur Komposition. Die Schüler beschreiten ihn nicht allein. Der Berliner Komponist Willy Daum gibt ihnen Anregungen, der Bremer Cellist Stephan Schrader sekundiert ihm. „Wir haben erst einmal wirklich Feuer gemacht“, erzählt Daum, „und alles ganz genau beobachtet“. In Gesprächen hat die Gruppe dann für jeden Moment des Verbrennungsprozesses ein Klangereignis gesucht – passend zum verfügbaren Instrumentarium.
Daum und Schrader bilden eins der fünf Profi-Teams, die an ebenso vielen städtischen Schulen in der vergangenen Woche Musikkurse betreut haben: Response, so heißt das Projekt, das die Deutsche Kammerphilharmonie federführend gestaltet – alle zwei Jahre und bereits zum vierten Mal. Das Personal wechselt, immer gleich aber ist die Struktur –ein Komponist und ein Instrumentalist betreuen eine Woche lang einen Musikkurs.
Am Ende der kurzen Unterrichts-Reihe steht je ein Stück, erdacht und interpretiert von den Kindern selbst: Fünf Uraufführungen an einem Abend, so viele bekommt Bremen sonst über Monate hinweg nicht zu hören.
Spannend, denn die Voraussetzungen, die Schüler mitbringen, sind sehr unterschiedlich. Und die Komponistenpersönlichkeiten auch: Am Schulzentrum Rübekamp nimmt eine JK 11 an dem Projekt teil, unterrichtet wird sie vom Bonner Michael Dehnhoff, ein durchaus distinguierter Composer. Und damit ein radikaler Gegenentwurf beispielsweise von Mark Scheibe, dem bisweilen chaotischen Bremer Lokalheroen, den es ans Schulzentrum Süd verschlagen hat. Wie der Einfluss sich bemerkbar macht, ist am Mittwoch zu erfahren – beim großen Abschlusskonzert im Schlachthof.
Benno Schirrmeister
Response- Konzert, 21. Mai, 19 Uhr Schlachthof