Schrapp, schrapp

„Anti-Hubschrauber-Demo“ in Friedrichshain gegen den Dauereinsatz der Polizei und Umstrukturierung des Kiezes

„Hubschraubereinsatz“ ist ein enorm rhythmisches Wort. Das wusste schon Max Goldt als Sänger von „Foyer des Arts“. „Handtaschenräuber, Scheinasylanten, da hilft nur noch Hubschraubereinsatz“, reimte Goldt 1982 mit treffendem Stakkato. „Und renitente Hausbesetzer“, müsste man aktuell hinzufügen – mit Blick auf den Dauereinsatz der Polizei in Friedrichshain seit der teilweisen Hausräumung in der Rigaer Straße 94 vor mittlerweile zwei Wochen.

Nur den Kiezbewohnern geht der Schrapp-schrapp-Rhythmus mittlerweile auf die gehörig auf die Nerven. Eine Initiative ruft für heute um 18 Uhr unter dem Motto „Friedrichshain sind wir alle – Abenteuer leben statt Hochglanz zahlen!“ zur „Anti-Hubschrauber-Demonstration“ ab Boxhagener Platz. Den AktivistInnen geht es um mehr als nur das himmlische Geknatter. In einer Briefwurfsendung heißt es: „Die Demonstration richtet sich gegen die fortschreitende Umstrukturierung von ehemals armen Wohngebieten in Wohngebiete für die gehobene Mittelklasse.“ Deswegen sei es für FriedrichshainerInnen wichtig, die Mietpreise im gesamten Bezirk per Mietpreisbindung erschwinglich zu halten. Eine Demo-Organisatorin betont, man zeige sich solidarisch mit dem Protest gegen die Wohnungsräumung und unterstütze auch die Besetzung des PDS-Bezirkbüros: „Weil die PDS die größte Fraktion in Friedrichshain stellt und im Senat mitregiert, muss sie mal endlich aktiv werden und ihre formulierten Hilfsangebote in die Tat umsetzen.“ Die BesetzerInnen des „Roten Ladens“ forderten unterdessen von der PDS, die Summen für den bisherigen Polizeihubschrauber-Einsatz im Zusammenhang mit der Räumung zu ermitteln. Eine Antwort darauf gibt es bisher jedoch noch nicht.

Dafür mussten sich die Demo-Organisatoren bereits den Vorwurf gefallen lassen, dass sich ihr Aufruf mit Polizei-Legomännchen-Layout nicht gerade bürgernah gestalte. Dennoch erwartet Anmelder Markus Reuter eine sehr gemischte Zusammensetzung: „Wir haben uns bemüht jenseits des Szenespektrums und unabhängig von BesetzerInnenvokabular Leute zu erreichen, weil wir glauben, dass auch so sichtlich viele Leute von der Umstrukturierung unseres Stadtteils genervt sind.“ Die Kneipen-Monokultur in der Simon-Dach-Straße sei nur ein Beispiel dafür. Darum würde gerade junge Friedrichshainer die Wohnungsräumung in der Rigaer Straße interessieren, „weil die Pioniere der Subkultur, die alle hier so lieben, vertrieben werden“. Gewiss sein können sich die InitiatorInnen jedenfalls bürgerlicher Unterstützung direkt aus der Rigaer Straße. Dort haben BewohnerInnen mehrerer exbesetzter Häuser sich schriftlich bei Innensenator Ehrhart Körting (SPD) über Polizeipräsenz und -übergriffe im Zusammenhang mit der Räumung beschwert. PAMO ROTH