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Archiv-Artikel

Der Morgen danach

„Fuck“ klingen, als würden sie aus dem postkoitalen Dämmerzustand erwachen. Das ist kein Zufall

Auch wenn man den Texten nicht so genau zuhört, denkt man erst mal an jemand, der müde in einem Bett liegt, das schon sehr lange nicht mehr frisch bezogen wurde. Es ist gegen zwölf Uhr mittags, das blöde Sonnenlicht blendet, und ja, allmählich müsste man aufstehen. Aber warum eigentlich? Ist doch alles da, Kühlschrank steht neben dem Bett. Und dann macht dieser jemand den Kühlschrank auf und holt gleich noch eine Dose Bier heraus.

So ungefähr klingen Fuck, die ausgeprochen sympathische Band aus Kalifornien, die heute in der Tanzhalle St. Pauli spielt. Nichts für straighte Menschen, eher für solche, die sich morgens noch einmal umdrehen. Das erste Lied ihrer neuen Platte mit dem Titel Those Are Not My Bongos beginnt mit lieblichen Harfenklängen, und dann singt eine sehr müde, sehr knarzende Männerstimme: „Does the penis offend you?“

Damit wäre der semantische Rahmen schon mal abgesteckt, und wir merken, die Band trägt ihren Namen zu Recht. Um das, was im Bett, davor, danach und darum herum passiert, ist ihr Kosmos angesiedelt. Nun könnte das auch ziemlich ins Auge gehen. Nur einmal „Ficken“ sagen ist schließlich noch keine Revolution.

Das Schöne an Fuck ist aber, wie sie daraus Musik destillieren. Tausend Jahre Zappa, Country und Pop klingen an, und doch wirkt alles so beiläufig, als wäre es ihnen eben eingefallen. Ist es aber nicht. Gerade das Leichte ist das Allerschwerste, und wenn man es wie Fuck schafft, mit wenigen Tönen so viel zu sagen, muss man sich schon verdammt anstrengen. Passt vielleicht nicht zum Image, ist aber so. Da kann die Band noch so sehr verbreiten, dass ihr Album unter der milden italienischen Novembersonne entstanden sei. Daniel Wiese

Heute, 21 Uhr, Tanzhalle