Landesregierung laviert im Kopftuchstreit

Verbot trotz Gutachten auch innerhalb der SPD-Fraktion umstritten: Vorsitzendem Edgar Moron droht Niederlage

DÜSSELDORF taz ■ Im Streit um ein mögliches Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen droht SPD-Fraktionschef Edgar Moron eine herbe Niederlage: Ein von der Fraktionsspitze in Auftrag gegebenes Gutachten des Berliner Verwaltungswissenschaftlers Ulrich Battis bleibt auch in den Reihen der sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten umstritten.

Battis hatte vorgeschlagen, Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs generell zu verbieten, ein solches Verbot aber im Einzelfall erst bei einer „Störung des Schulfriedens“ durchsetzen zu lassen – das Kleidungsstück gilt vielen als politisch-ideologisches Symbol eines militanten Islamismus. Die betroffene Lehrerin soll das Verbot aber durch eine Einzelfallprüfung widerlegen, ihre religiöse Motivation darlegen können. Viele Abgeordnete ihrer Fraktion stießen sich gerade an diesen beiden Kernpunkten des Vorschlages von Battis, so die migrationspolitische Sprecherin der SPD, Britta Altenkamp, zur taz: „Mit dem generellen Verbot wird eine umgekehrte Beweislast eingeführt, die bisher im deutschen Recht einmalig ist.“ Auch der Begriff des Schulfriedens sei nicht konkret genug definiert.

Eine mögliche „Rückzugslinie“, auf die sich die Fraktion nach der für den 6. Mai angesetzten Anhörung im Hauptausschuss des Landtags einigen könne, sei der im Auftrag der baden-württembergischen Grünen erarbeitete Vorschlag des Verfassungsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde, sagt Altenkamp. Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht warnt vor einem generellen Verbot, verlangt eine Einzelfallprüfung durch den Staat.

Auch innerhalb der Landesregierung trifft das Kopftuchverbot auf Skepsis: Bei einem Gespräch zum Thema „Religiöse Vielfalt und staatliche Neutralitätspflicht“, zu dem Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) gestern in die Staatskanzlei eingeladen hatte, warnte SPD-Sozialministerin Birgit Fischer noch einmal vor einem durch „Gebote und Verbote“ hervorgerufenen „Diktat“. Zur Verhinderung von „Parallelgesellschaften“ sei aber ein „Dialog“ gerade mit den Vertretern der 3,5 Millionen Muslime in Deutschland nötig. Wie die von ihm eingeladenen Politikwissenschaftler und Juristen gab sich auch Regierungschef Steinbrück selbst betont liberal – und kritisierte indirekt die CDU-Forderung nach einem rigiden Kopftuchverbot: „Ein Populismus, der mit Überfremdungsängsten spielt, ist abzulehnen.“

ANDREAS WYPUTTA