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Archiv-Artikel

Klinik-Monopoly: Vom Payer zum Player

Beim Gewinnspiel um die Privatisierung der Landeskrankenhäuser wird jeden Tag eine neue Sau durch Hamburg getrieben. Ein Bürgermeister ersinnt verwirrende Kompromisse, die Gewerkschaften opponieren, und der Gesundheitssenator schweigt

Von MARCO CARINI

Jeden Tag eine neue Ereigniskarte. Im Monopoly um die Privatisierung der sieben Kliniken des Hamburger Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), kündigt ein wortreiches Geplänkel zwischen den „Playern“ an, dass hinter den Kulissen verschwiegen an den entscheidenden Weichenstellungen gearbeitet wird.

Hand in Hand versuchen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und die an der Mehrheitsübernahme interessierte Asklepios-Gruppe mit einem „Kompromissvorschlag“, der scheinbar dem eindeutigen Volksentscheid gegen den LBK-Verkauf Rechnung tragen soll, die geplante Übernahme im Kern abzusichern. Von Beusts Vorstoß, nur fünf der sieben LBK-Häuser mehrheitlich an den Gesundheitskonzern zu übertragen, begegnet Asklepios-Geschäftsführer Elmar Willebrand mit dem Versprechen, mit dem Senat „in jede Richtung wohlwollend zu sprechen“. Der „Kompromiss“ liegt genau im Interesse von Asklepios: Auf der Chefetage der Krankenhausgruppe wird ohnehin überlegt, nach einer Mehrheitsübernahme der Krankenhausanteile einige Kliniken weiter zu veräußern, um die eigene Liquidität zu sichern. Gehalten werden sollen die Krankenhäuser in Barmbek, Altona und St. Georg – der Rest steht zur Disposition. Auch die bisherigen Vereinbarungen zwischen Senat und Asklepios sehen vor, dass mindestens eine der LBK-Kliniken an einen unbekannten Investor weitergereicht wird.

Wenn schon „in jede Richtung“ gesprächsbereit, dann könnte Willebrand mit von Beust auch über eine vom Volksentscheid gedeckte Minderheitsbeteiligung am LBK reden, versucht DGB-Vorsitzender Erhard Pumm die Worte aus dem Hause Asklepios in eine ihm genehme Richtung umzudeuten. „Nur wenn der Senat noch eingreifen“ könne, so Pumm, bleiben „Patienten und Beschäftigte vor den Gewinninteressen eines Privatiers geschützt“.

Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose setzt derweil darauf, dass der Volksentscheid rechtsverbindliche Wirkung habe, von Beusts Planspiele sich mithin „in einem „rechtsfreien Raum“ bewegten. Eine Zerschlagung des LBK lehnt Rose kategorisch ab. Durch ihn würde „die wirtschaftliche Stärke und die Qualität des Gesundheitsunternehmens LBK entscheidend geschwächt“. Nur im Verbund bleibe die Gesellschaft ein „Erfolgsmodell“, dass „eine optimale Gesundheitsversorgung“ gewährleiste.

Auch der Nord-Vorstand der Betriebskrankenkassen, Hans Otto Schurwanz befürchtet, dass eine weitgehende Privatisierung, dazu führen könnte, dass „Spezialeinrichtungen, die für private Klinikbetreiber eher unprofitabel erscheinen“, von diesem abgewickelt werden könnten. Schurwanz: „Dies gilt insbesondere für geriatrische und psychiatrische Versorgungsbereiche.“ Die Krankenkasse will nun ebenfalls an der Entscheidung über den LBK-Verkauf beteiligt werden. Schurwanz: „Wir wollen vom Payer zum Player werden.“

Nicht aus der Deckung im verbalen Dauerschlagabtausch um die Privatisierung wagt sich derzeit nur derjenige, der per Ressort für eine Veräußerung der staatlichen Kliniken ist: Neu-Gesundheitssenator Jörg Dräger. Erst wenn er sich lautstark auf die öffentliche Bühne wagt, dürfte die letzte und entscheidende Runde des Krankenhaus-Monopolys eingeläutet werden.