In Kranunfallweite

Aneignung von oben: Jeff Koons‘ Spielbuden-Kräne ähneln fatal einem „Park Fiction“-Entwurf von 1996

Dass Jess Koons abgekupfert hat, würde Christoph Schäfer nie behaupten. Der Koordinator des Hamburger Park Fiction-Projekts findet eben nur, dass der Entwurf des Amerikaners für den Spielbudenplatz fatale Ähnlichkeit mit dem Park Fiction-Entwurf des Berliner Künstlers Andreas Siekmann aufweist, der bereits 1996 entstand und 2002 auf der documenta 11 gezeigt wurde: Zwei Baukräne hatte Siekmann für das St. Pauli-Projekt entworfen, an denen der – auf den Kopf gestellte – verdoppelte Golden Pudel Klub hängen sollte; für den Innenraum war ein Archiv der Subkulturgeschichte vorgesehen.

Eine Installation, die einerseits Prosperität versprechende Bautätigkeit in Frage stellen und andererseits explizit auf die sozialen Gegebenheiten des Ortes eingehen sollte. „Aber dies war – im Rahmen unserer kollektiven Wunschproduktion – eine Idee unter vielen, und wir haben ihre Umsetzung von Anfang an für unrealistisch gehalten“, berichtet Schäfer. Umso eigenartiger findet er, dass auch Koons „in verdünnter Version“ mit zwei Kränen operiert – Kränen mit Bart übrigens, der aber sicher nicht aufs Alter der Originalidee anspielt.

Eine Begegnung Koons‘ mit Siekmanns Modell könne es durchaus gegeben haben, sagt Schäfer: „2002 wurde Siekmanns Entwurf in der New Yorker Exit-Gallery in der Ausstellung ,Collectors‘ Choice‘ gezeigt.“ Im übrigen hätten Kräne bis zur Begegnung mit Hamburgs Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) in Koons‘ Werk keine Rolle gespielt.

Ein merkwürdiger Fall von Aneignung einer subkulturellen Idee durch die herrschende Senatsriege also, die vor popularisierten Mutationen geistreicher Modelle nicht zurückweicht und sie im Gegenteil für international beachtenswert hält. Ort des Geschehens: In „Kranunfallweite“ des Park Fiction-Standorts, wie peinlich. PETRA SCHELLEN