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Archiv-Artikel

Prozess gegen BGS-Beamte platzt

Frankfurter Amtsrichter verweist Verfahren um Tod des Abschiebehäftlings Aamir Ageeb an Landgericht: Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge möglich

FRANKFURT taz ■ Überraschend ist gestern Mittag nach mehreren Verhandlungswochen der Prozess gegen drei Bundesgrenzschutzbeamte vor dem Frankfurter Amtsgericht geplatzt. Er muss nun vor dem Landgericht neu aufgerollt werden. Die Männer waren angeklagt, im Mai 1999 den Abschiebehäftling Aamir Ageeb (30) fahrlässig getötet zu haben. Als Bewacher während des Fluges in einer Lufthansa-Maschine von Frankfurt in die sudanesische Hauptstadt Karthoum hatten sie den an Händen, Armen, Füßen und Beinen gefesselten Mann auf seinen Sitz niedergedrückt, bis er erstickte. Amtsrichter Ralph Henrici kam zu dem Schluss, dass nicht seine Schwurgerichtskammer, sondern als nächsthöhere Instanz das Landgericht zuständig sei. Er ging davon aus, dass als Vorwurf auch Körperverletzung mit Todesfolge in Frage komme, die mit Gefängnis nicht unter drei Jahren bestraft werden müsste.

Henrici folgte damit dem Antrag der Nebenklage und beendete eine Kontroverse zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft um die beiden medizinischen Sachverständigen. Die kamen in ihren Gutachten zu dem Schluss, dass das Niederdrücken des Opfers direkt und unmittelbar zu seinem Tode geführt habe. Die Verteidigung hielt die Gutachter für befangen, weil sie nicht genügend berücksichtigt hätten, dass Ageeb schon vor dem Transport martialisch und körperlich schädigend gefesselt war, zudem durch seinen vehementen Widerstand und seine Erregung viel mehr Sauerstoff verbraucht habe, als das normalerweise der Fall sei. Außerdem hätten die Angeklagten damals nicht gewusst, dass das Niederdrücken zu einem „lagebedingten Erstickungstod“ führen könne. Es sei ihnen im Gegenteil in Lehrgängen beigebracht worden.

Richter Henrici ging in der Begründung seiner Entscheidung davon aus, dass die Angeklagten den Tod von Ageeb zwar nicht gewollt, aber vorsätzlich in Kauf genommen hätten. Sie hätten ihm zumindest Schmerzen und starke Angst bereiten wollen, damit er die anderen Passagiere nicht mehr durch Schreie stören könne: „Wenn er noch Luft zum Schreien hat, dann werden wir ihm die verkürzen.“ Ihr Handeln sei „grob unverhältnismäßig“ und „nicht gerechtfertigt“ gewesen. HEIDE PLATEN