Rettung in letzter Stunde

Private-Public-Partnership kann also einen Berg bewegen: Caspar David Friedrichs 2002 an die Erben der ehemaligen jüdischen Besitzer restituiertes Gemälde „Der Watzmann“ kann in der Berliner Alten Nationalgalerie bleiben. Dank allgemeinen guten Willens und privatwirtschaftlichen Engagements

VON BRIGITTE WERNEBURG

Caspar David Friedrich war nie in den Alpen gewesen. Das freilich hinderte ihn nicht, das Gemälde „Der Watzmann“ (1824/25) zu schaffen, nach einem Aquarell seines Schülers August Heinrich. 1937 erwarb der damalige Direktor der Nationalgalerie in Berlin, Eberhard Hanfstaengl, das Großformat aus Privatbesitz für seine Sammlung. Am Montag nun feierten die Staatlichen Museen zu Berlin den erneuten Ankauf des Gemäldes aus Privatbesitz für ihren neu eingerichteten Friedrich-Saal, der in der 2001 wiedereröffneten Alten Nationalgalerie ein einzigartiges Ensemble von 17 Originalen des Malers zeigt. Den Kauf tätigte allerdings nicht die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der die Staatlichen Museen angehören, sondern die DekaBank in Frankfurt, die der Fondsdienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe ist. Sie überlässt das Bild der Alten Nationalgalerie als Dauerleihgabe.

Festredner war Bundeskanzler Gerhard Schröder. Seine Anwesenheit ehrte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein weiteres Mal. Denn geehrt wurde sie und ihre Haltung in Belangen der Restitution von Kunstwerken zweifelhafter Provenienz schon durch den Verzicht auf die Übergabe des Bildes, gar auf seine internationale Versteigerung durch seine heutigen Besitzer. „Der Watzmann“, so hatte sich 2002 herausgestellt, musste 1937 von seinem jüdischen Besitzer Martin Brunn unter dem Druck der nationalsozialistischen Verfolgung veräußert werden. Darauf wurde das Bild restituiert – entsprechend der 1999 veröffentlichten Erklärung, in der sich die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht nur verpflichtete, ihre Sammlungsbestände nach Kunstwerken zweifelhafter Herkunft zu durchforsten, sondern auch ihren Präsidenten ermächtigte, einvernehmliche Lösungen zu suchen, wobei sie auch eine „Herausgabe von Kunstwerken akzeptiert, unabhängig davon, ob dies zwingende Folge einer gesetzlichen Regelung ist“.

Die Stiftung hat sich mit dieser Haltung nicht nur Freunde gemacht, andere Museen möchten solchen strengen Maßstäben nicht folgen. Wuppertals Museumsdirektorin Sabine Fehlemann etwa nannte den ähnlich argumentierenden Beschluss ihres Stadtrats, drei zwischen 1937 und 1939 aus dem Eigentum jüdischer Familien zwangsversteigerte Gemälde des Von-der-Heydt-Museums zu restituieren, „voreilig“. Nicht voreilig, aber eilig handeln musste man in Berlin, denn die Eigentümer hatten für den Rückkauf eine Frist gesetzt.

Die längliche Erklärung des Bundeskanzlers beim Festakt, was die Bundesregierung schon an Geldern für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bereitstellt, ließ darauf schließen, dass die Stiftung zunächst auf staatliche Gelder für den Wiederankauf gehofft hatte, die aber abschlägig beschieden wurden. So kann das Engagement der DekaBank nicht nur als ein gelungenes Beispiel für die auch von Gerhard Schröder lobend beschworene „Private-Public-Partnership“ gelten, sondern eher noch als Rettung in letzter Stunde.