: off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Ein Abenteuerfilm, reichlich verschieden von den amerikanischen Genreproduktionen: In „Les Aventuriers“ (1966) des französischen Regisseurs Robert Enrico sind die Protagonisten ständig von einem Hauch Melancholie und Tragik umweht; alles, was sie anpacken, geht garantiert schief, am Ende warten Tod und Tränen. Es ist aber auch ein schöner – und in diesem Punkt sehr französischer – Film über die Freundschaft, über die Freiheit, Dinge zu tun, die einen interessieren, und über eine verhaltene Dreiecksgeschichte zwischen der Künstlerin Laetitia (Joanna Shimkus), dem Flieger Manu (Alain Delon) und dem Mechaniker Roland (Lino Ventura). Nachdem ihre Herzensprojekte gescheitert sind – Manu verliert seine Fluglizenz, Roland fliegt sein geliebter Dragster um die Ohren, und Laetitias Schrott-Mobiles kommen bei der Kritik nicht an –, begeben sich die drei nach Afrika, um vor der Küste nach einem abgestürzten Flugzeug mit Diamanten zu suchen. Doch auch diese Unternehmung wird niemanden glücklich machen: Eine Gruppe von Gangstern hat nur darauf gewartet, dass andere die Kastanien aus dem Feuer holen. Und wenn sich die Kamera am Ende in die Lüfte erhebt und den einsamen Roland mit dem toten Manu – Delon stirbt sehr eindrucksvoll – allein in einem verlassenen Fort auf einer Insel vor der südfranzösischen Küste stehen lässt, ist man tatsächlich ergriffen.
„Les Aventuriers – Die Abenteurer“ (OmU) 27. 5. im Arsenal 1
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Ganz anders, aber nicht weniger stimmungsvoll der amerikanische Abenteuerfilm: In Howard Hawks’ 1944 nach einer Hemingway-Geschichte entstandenem Werk „To Have And Have Not“ steht nicht Freundschaft, sondern Liebe im Mittelpunkt (auch wenn die Beziehungen von Mann und Frau bei Hawks stets etwas Kameradschaftliches haben – die junge Lauren Bacall war doch recht unzweifelhaft eine erotische Verheißung), und die individuelle Freiheit muss hier zugunsten des Wohles aller zurücktreten – Humphrey Bogart gibt einmal mehr den romantischen Idealisten, der trotz zynischen Gebarens den selbstlosen Kampf für das Gute dieser Welt aufnimmt. Für die damals neunzehnjährige Betty „Lauren“ Bacall, die von Hawks’ Gattin auf dem Cover des Modemagazins Harper’s Bazaar entdeckt worden war, bedeutete „To Have And Have Not“ den Beginn einer langen, wechselvollen Karriere: Die Rolle als schöne Herumtreiberin „Slim“ prägte ihr Image als ebenso glamouröse wie patente Frau, die sich nie unterkriegen lässt. Damit entsprach sie dem typischen Frauenbild von Howard Hawks; Bogart hingegen mochte auch die ganz reale Betty recht gern und heiratete sie wenig später.
„To Have And Have Not – Haben und Nichthaben“ 27. 5.–28. 5. im Filmkunsthaus Babylon
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Am Anfang gibt es eine lange Sequenz, die in einer einzigen Einstellung über Dächer hinweg und mit Fahrten durch Parallelstraßen den Weg eines Autos mit Bombe im Kofferraum verfolgt, am Schluss steht das unrühmliche, aber tragische Ende eines Polizeiinspektors, welcher der Gerechtigkeit stets auf etwas dubiose Weise zum Sieg verholfen hatte: Seine Fälle löste er nämlich rein intuitiv, irrte sich dabei nie und produzierte deshalb auch schon einmal gefälschte Beweise gegen die Verdächtigen, die sich dann ja schließlich immer als schuldig herausstellten. Das Ganze ist natürlich typisch für Orson Welles, der sich in „Touch Of Evil – Im Zeichen des Bösen“ (1957) als fieser Inspektor wieder einmal prächtig selbst in Szene setzt und seinem Gegenspieler, dem aufrechten und ziemlich drögen Charlton Heston, keine Schnitte gönnt. „Touch of Evil“ präsentiert sich als einer der letzten Films noirs: fotografiert von Russell Metty in harschen Schwarzweißkontrasten und mit vollkommen verschwommenen Grenzen zwischen Gut und Böse. Das Motel, in dem Janet Leigh als Hestons Gattin von den Helfern des Inspektors unter Drogen gesetzt und terrorisiert wird, wurde übrigens von dem Designer Robert Clatworthy entworfen, der später mit Bates’ Motel in Hitchcocks „Psycho“ die wohl berühmteste Übernachtungsmöglichkeit der Filmgeschichte schuf.
„Touch Of Evil – Im Zeichen des Bösen“ (OmU) 22. 5.–28. 5. im Acud
LARS PENNING