Jagd auf Internet-Nazis

Bei einer bundesweiten Razzia beschlagnahmte Polizei im Ruhrgebiet volksverhetzendes Material aus einer Internet-Musiktauschbörse

Durch MP3-Technik im Internet lässt sich die rechte Szene im Netz kaum in den Griff bekommen

VON NATALIE WIESMANN

Verbreiter von rechtsextremer Musik im Internet hatten gestern auch im Ruhrgebiet Besuch von der Polizei: Die vom Bundeskriminalamt (BKA) koordinierte Fahndungsaktion richtete sich gegen Personen, die in der Internet-Tauschbörse „KaZaA“ Musiktitel mit volksverhetzenden Inhalten zum Herunterladen zur Verfügung gestellt haben. Nach Angaben des Düsseldorfer Landeskriminalamtes beschlagnahmten die Fahnder in 81 Wohnungen in NRW verdächtiges Material. Sicher gestellt wurdenComputer, Notebooks, CDs und Disketten, die jetzt die Staatsanwaltschaften auswerten sollen.

Auch im Ruhrgebiet hatte der Staatschutz bei seinen Razzien Erfolg: Allein die Kriminalhauptstelle Dortmund hat in ihrem Zuständigkeitsbereich 14 Wohnungen in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna durchsucht und in jeder von ihnen rechtsextremes Material sichergestellt. „Die Kreispolizeibehörde Bochum hat heute morgen in drei Wohnungen Computer und zahlreiche Datenträger beschlagnahmt“, zog Sprecher Michael Bloch Bilanz. Im Münsterland wurden insgesamt sechs Computer sichergestellt. Nur der Essener Staatsschutz hatte keinen Erfolg, er hatte fünf Wohnungen – drei davon in Essen, eine jeweils in Mülheim und Oberhausen – durchsucht: „Wir haben in keinem der Objekte etwas Auffälliges festgestellt“, so Polizeisprecher Uwe Klein.

„Das Ruhrgebiet steht anderen Regionen in Deutschland, die als Nazi-Hochburgen bezeichnet werden, in nichts nach“, sagt der Rechtsextremismusforscher Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. In punkto rechte Musikszene gebe es im Ruhrgebiet alles, was dazugehört: Kleine Labels, rechte Jugendorganisationen, Zeitschriften. „Der richtige Boden für eine Nazi-Rockszene.“ Schobert findet es gut, dass der Staat versuche, die Szene in den Griff zu bekommen: „Aber gerade im Internet lässt sich die Szene durch die MP3-Technik kaum in den Griff bekommen.“ Wenn man eine Musikbörse schließen lasse, würden sich auf anderen Seiten prompt neue Foren auftun.

Die Staatsanwaltschaft in Bonn war in der Sache aktiv geworden als BKA-Spezialisten im Sommer bei einer „Schleppnetzfahndung“ im Internet auf die Tauschbörsen mit der rechtsextremen Musik gestoßen waren