: Gewagtes Urteil
betr.: „Schleim- und Tadelpunkte“ (Batasuna-Verfolgung: Nach Polen belohnen die USA jetzt Spanien), taz vom 9. 5. 03
Als regelmäßiger Leser der taz und Kenner ihrer Genauigkeit bei der Berichterstattung habe ich mit großer Überraschung und Enttäuschung den Kommentar von Bernd Pickert gelesen, in dem behauptet wird, dass „in spanischen Knästen gefoltert wird“.
[…] Nur ein Irrtum kann zu dieser Behauptung führen, da Spanien heutzutage, wie alle Welt weiß, ein mit den übrigen demokratischen Nationen in jeder Hinsicht vergleichbarer Rechtsstaat mit einem von Richtern verbürgten und geschützten Strafsystem ist. Im Hinblick auf die drastische Wertung von Bernd Pickert erlaube ich mir zudem, die möglichen Informationsquellen in Frage zu stellen, die Ihr Mitarbeiter benutzt haben könnte, um zu einem so gewagten Urteil zu kommen. Wie seit langem öffentlich bekannt, weist die Terrororganisation ETA ihre Mitglieder und ihr Umfeld wie zum Beispiel Batasuna an, im Falle einer Verhaftung automatisch und in jedem Fall eine Anzeige wegen Folter zu erstatten, ohne dass in einer gerichtlichen Untersuchung die Existenz falscher Anschuldigungen nachgewiesen werden kann. […]
Abschließend muss man ebenfalls daran erinnern, dass in Spanien, genau wie in Deutschland und im restlichen Europa, die Richter jeder Anzeige wegen Folter, unabhängig von ihrem Hintergrund, nachgehen, darüber befinden und eventuelle Schuldige mit aller Schärfe des Gesetzes zur Rechenschaft ziehen.
Daher werden sowohl die spanische Polizei als auch die Gefängnisbeamten, die sich nicht von allen anderen in der Europäischen Union unterscheiden, lediglich von jenen Terrororganisationen fälschlich der Folter beschuldigt, die wie ETA und Batasuna jeglichen Bezug zur Moral verloren haben und Mord, Gewalt und Täuschung als Mittel zur Erreichung ihrer Ziele in einer Gesellschaft mit universellen demokratischen Freiheiten anwenden.
JOSÉ RODRÍGUEZ-SPITERI, Botschafter von Spanien