Ein Bundesliga-Abgang „op kölsche Art“

Fans, Mannschaft und Verantwortliche des 1. FC Köln bereiten sich auf den Abstieg vor. Der kommende Machthaber Wolfgang Overath berät schon einmal über die Zukunft des „Eff-Cee“ – mit alten Kumpels aus besseren Zeiten

KÖLN taz ■ Die Kiebitze am Trainingsgelände des 1. FC Köln wundern sich. „Joot“ sieht es doch eigentlich aus, wie die Spieler in Training engagiert zu Werke gehen. Trainer Marcel Koller versucht alles, um für die nächste Partie spielerische Linie in seine Mannschaft zu bringen. Aber selbst der größte Fan von Hennes & Co. kommt derzeit nicht umhin, die eigentümliche Situation der „Geißböcke“ kopfschüttelnd zur Kenntnis zu nehmen. Platz 18. Damit könnte der Kölner an sich gut leben. Doch die Art und Weise, wie sich der Verein in der laufenden Saison präsentiert, „is Driss“, wie es einer der umstehenden Rentner treffend formuliert.

Der Gegner am Samstag? Freiburg – Mitaufsteiger und derzeit Tabellen-Elfter der Fußball-Bundesliga. Spielt aber eigentlich kaum eine Rolle, da der FC Köln derzeit sowieso nur mit sich selbst beschäftigt ist und sich dabei nicht noch mit möglichen Gegnern belasten kann. Im Kölner Umfeld war man immer sicher, dass in der eigenen Mannschaft mehr stecken muss. Woher diese Erkenntnis kommt, bleibt schleierhaft und sie hat den braven Friedhelm Funkel seinen Job gekostet.

Nachfolger Koller konnte dem Team zwar umgehend neuen Geist einhauchen und ihm gebührt zudem das Lob, immerhin den neuen Hoffnungsträger der FC-Gemeinde Lukas Podolski aus dem Hut gezaubert zu haben, an der Gesamtsituation hat sich jedoch rein gar nichts geändert.

Dass man eigentlich mit jedem Gegner der Liga zumindest mithalten könnte, hat die Mannschaft bewiesen. Doch halbwegs gut gespielt zu haben, um am Ende doch ohne Punkte zu bleiben, hat noch nie einen Verein gerettet. Hinten haben sie sich die Gegentore oft selbst rein gehauen und vorne treffen sie nicht. Zur Auswahl für den Begriff der Saison in der Rheinmetropole standen in den letzten Wochen „individuelle Fehler“ und „mangelnde Chancenverwertung“ – der Fan hat die freie Auswahl. Selbst dem größten Optimisten fällt es schwer, dieser Mannschaft den Kraftakt „Klassenerhalt“ noch zuzutrauen. Der Hoffnungs-Kredit scheint verspielt. Da fällt es schon leichter, sich damit abzufinden, dass es nach einem Abstieg wieder einen Neuanfang geben wird. Auch schön.

Mitleid ist sicherlich das Letzte, was Manager Andreas Rettig ernten möchte. Natürlich hat er Recht, wenn er Sätze sagt wie: „Wir betreiben hier die Politik der kleinen Schritte“. Und natürlich hat Rettig viel versucht. Er hat junge und talentierte Spieler meist ablösefrei zum FC geholt und sogar Transferüberschüsse erwirtschaftet. Fraglos ist einer wie Rettig für den Verein gut. Doch am Ende steht unter dem Strich: die Spieler, die der „Eff-Cee“ da beisammen hat, kriegen es nicht hin – das beweisen sie seit mittlerweile 25 Spielen eindrucksvoll.

Man hängt durch am Geißbockheim. Wenn Wolfgang Overath – Retter, Heilsbringer, Lichtgestalt und überhaupt alles in Personalunion – etwas falsches sagt, gibt er sich der Lächerlichkeit preis und das macht man auf dem Feld schon oft genug. Daher gibt der Weltmeister von 1974 den Motivator in Einzelgesprächen und forderte drei Siege in Folge. Nach vollzogenem Abstieg in Liga zwei könnte er endlich wirken und bei null beginnen. Vielleicht eine Tatsache, die dem Ganzen doch etwas Positives abgewinnen lässt. Derzeit ist es für den Präsidenten in spe nahezu unmöglich, seiner Arbeit sinnvoll nachzugehen. Darum lud er am vergangenen Donnerstag zum FC-Brainstorming im Geißbockheim. Rund 20 erfahrene Recken aus längst vergangenen Zeiten wie Neumann, Flohe, Strack und Konopka kamen und diskutierten, wie es mit dem Verein in Zukunft weitergehen kann.

Rechnerisch noch nicht abgestiegen, aber schon zu weit weg, um wirklich noch an den Erhalt der Klasse glauben zu können – herrscht derzeit mehr Resignation als Kampfeslust. Bisher nur ganze vier Siege in 25 Partien. 17 von 75 möglichen Punkten wurden erspielt und in manchen Spielen wandten sich die Anhänger mit Grausen ab. Die Fans haben jedenfalls in dieser Saison in jedem Spiel alles gegeben und dem neuen Stadion eine einmalige Stimmung verpasst. Elf von dreizehn Spielen waren ausverkauft. Erstklassig – immerhin das. Und das Wichtigste: sie haben auf der Südtribüne kaum individuelle Fehler gemacht.

In Liga zwei wäre der FC dann endlich wieder wer. Da sind sie dann der “Liga-Primus“ mit dem großen Etat, der jeden Gegner an die Wand spielt. Doch wer will das sehen? Montagabends die Flutlicht-Spiele im tollen, teuren, schönen RheinEnergie-Stadion gegen Erzgebirge Aue, Greuther Fürth oder Wacker Burghausen? Bei allem Respekt, aber das ist wie Rosenmontag mit alkoholfreiem Kölsch. KAY AUSTER