: Kiezstreifen mit Spray, Schelle und Knüppel
Rat der Bürgermeister will die geplanten Kiezstreifen bewaffnen. Auch drei SPD-Bezirksbürgermeister dafür. Damit widersprechen sie der Linie ihrer Abgeordnetenhausfraktion. Körting hält Knüppel zur Selbstverteidigung für denkbar
Die geplanten Kiezstreifen der Ordnungsämter sollen entgegen bisherigen Überlegungen bewaffnet unterwegs sein. Darauf hat sich gestern der Rat der Bürgermeister, der Zusammenschluss der zwölf Bezirkschefs, mehrheitlich festgelegt. Auch drei der vier SPD-Bürgermeister sprachen sich für die Bewaffnung aus. Das stößt in der Abgeordnetenhausfraktion der Sozialdemokraten auf Widerspruch. „Ich bin damit sehr unglücklich“, sagte deren innenpolitische Sprecherin Heidemarie Fischer. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hingegen sagte der taz, er halte die Ausstattung mit Schlagstöcken zur Selbstverteidigung für denkbar.
Mit Schlagstock, Handschellen und Pfefferspray sollen die Kiezstreifen nach Willen der Rats der Bürgermeister ausgestattet sein. Das weicht deutlich von früheren Planungen der SPD-geführten Innenverwaltung ab. Dort hieß es bisher, außer einem Pfefferspray zur Selbstverteidigung sei eine Bewaffnung nicht vorgesehen. Auch in einem Ausschusspapier des Parlaments, das dem Rat vorlag, war kein Schlagstock vorgesehen.
Für die Bewaffnung stimmten dem Vernehmen nach die vier CDU-Bürgermeister sowie die Sozialdemokraten Monika Thiemen (Charlottenburg-Wilmersdorf), Heinz Buschkowsky (Neukölln) und Ekkehard Band (Tempelhof-Schöneberg). Klaus Ulbricht, Bürgermeister in Treptow-Köpenick, lehnte die Bewaffnung ab, ebenso wie der Vizebürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Lorenz Postler, in Vertretung für PDS-Bürgermeisterin Cornelia Reinauer. „Ich halte den Beschluss für ein falsches Zeichen“, sagte Postler. „Man hätte es erst mal anders versuchen sollen.“ Für Thiemen hingegen symbolisiert der Schlagstock, dass die Streifen in der Lage seien, sich zu verteidigen. Die Ost-West-Kluft in der Frage der Bewaffnung erklärt sie sich mit Ost-Erinnerungen an den Abschnittsbevollmächtigten zu DDR-Zeiten.
Laut Thiemen sollen die Kiezstreifler während einer zweijährigen Startphase im Duo mit einem Polizisten unterwegs sein und davon lernen. Unabhängig davon müssten die Ordnungsamtsleute ausreichend geschult werden. Dazu nannte sie Deeskalation, Ordnungsrecht und Ausbildung mit dem Schlagstock.
SPD-Innenexpertin Fischer hingegen sah bei der Aufgabenstellung für die Kiezstreifen keine Not für eine Bewaffnung. Vermüllung, Hundekot und Parksünder zu bekämpfen – dazu bräuchte es keinen Schlagstock. Und zur Verteidigung gegen einen Kampfhund sei ein Pfefferspray nützlicher. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Koalitionspartner PDS da mitzieht“, sagte Fischer. Im Rat der Bürgermeister lehnten die PDS-geführten Bezirke eine Bewaffnung ab.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat mit der Entscheidung pro Bewaffnung keine Probleme. Wenn man den Kiezstreifen Aufgaben übertrage, bei denen sie sich nötigenfalls auch verteidigen müssten, könne man sie nicht hilflos losschicken, sagte GdP-Landeschef Eberhard Schönberg. Die Duo-Lösung hält er hingegen für unmöglich. „Wo sollten denn die Polizisten dafür herkommen?“ Die von der GdP unterstützte Idee der Kiezstreifen solle doch die Polizei entlasten. Seine Rechnung: Bei angedachten rund 20 Streiflern in jedem der 12 Bezirke wären dazu 240 Polizisten nötig. Einen Start zum Herbst hält er für unwahrscheinlich: Die Ordnungsamtsleute müssten schließlich erst ausreichend geschult werden – „und das geht nicht in zwei, drei Wochen“. STEFAN ALBERTI