: Freie Fahrt für Silvio Berlusconi
Mit dem neuen Mediengesetz kann der Konzern des italienischen Premierministers ungehindert weiter expandieren. Opposition will vor dem Verfassungsgericht klagen
ROM taz ■ Fedele Confalonieri, Chef des Berlusconi-Imperiums Mediaset, ließ am Mittwoch seiner Begeisterung freien Lauf: „So 1 bis 2 Milliarden Euro zusätzliche Werbeeinnahmen“ könne die Mediaset mit dem gerade im Abgeordnetenhaus verabschiedeten neuen Mediengesetz in Zukunft erwirtschaften. Denn die Regierungskoalition hat jetzt zwar notgedrungen das im Dezember in seiner ersten Fassung von Präsident Carlo Azeglio Ciampi abgelehnte Gesetz nachgebessert, sich aber auf kosmetische Korrekturen beschränkt.
Ciampi hatte daran Anstoß genommen, dass das Gesetz die marktbeherrschende Stellung der Mediaset nicht nur zementiert, sondern sogar weitere Expansionsmöglichkeiten für den Berlusconi-Konzern eröffnet.
Italiens Premier kann nicht nur seine drei Fernsehsender behalten, während nach der alten Rechtslage eines der Programme zum 31. Dezember 2003 die Ausstrahlung über Antenne hätte einstellen müssen. Nun darf die Mediaset stattdessen sogar Kanäle dazukaufen. Die Berlusconi-Koalition bediente sich dazu eines Tricks: Sie rief das neue „digital-terrestrische“ Zeitalter aus. Mit neuen Sendetechniken können die Italiener über Hausantenne 20 zusätzliche Kanäle – zu den bisher 11 national ausstrahlenden Sendern – empfangen.
Diese neuen Programme sieht zwar so gut wie keiner, doch auf dem Papier unterschreitet Berlusconi jetzt lässig das Konzentrationsverbot, das einem Anbieter nicht mehr als 20 Prozent der Sender zugesteht. Ähnlich sind die Effekte des Mediengesetzes bei den Werbeeinnahmen: Auch hier fallen alte Schranken. Das überarbeitete Gesetz zieht sie etwas enger als ursprünglich vorgesehen, aber weit genug, um Mediaset einen neuen Milliardenregen in Aussicht zu stellen. Schließlich kann Berlusconi künftig auch in den ihm bisher verschlossenen Tageszeitungsmarkt expandieren.
Spätestens im April soll das Gesetz den Senat passieren. Wie im Abgeordnetenhaus verfügt die Regierung dort über eine solide Mehrheit. Und Staatschef Ciampi wird dann unterschreiben müssen: Er hat nur einmal das Recht, ein Gesetz ans Parlament zurückzuverweisen. Die Opposition hat schon den Gang vors Verfassungsgericht angekündigt. Außerdem wollen Oppositionsparteien eine Volksabstimmung gegen die Lex Berlusconi einleiten. MICHAEL BRAUN