: Rasanter Börsenheld fährt vor die Wand
Vom Sonnyboy zum Buhmann: Der Infineon-Chef Ulrich Schumacher muss ganz plötzlich gehen
Pech für Ulrich Schumacher, dass er Schumacher heißt. So wird ihn nach einem rasanten Abgang am Donnerstagabend jetzt die eigene Inszenierung einholen: Zum Börsengang im März 2000 fuhr der Vorstandsvorsitzende des Mikrochip-Herstellers Infineon mit einem silberfarbenen Renn-Porsche 911 an der Wall Street vor. Und stieg mit ernstem Blick und schlecht getarnter Selbstgefälligkeit aus. Zwischen Börsen-Hype und New Economy gehörte es damals zum guten Ton, den Größenwahn ungeniert auszuleben.
Schumacher übersah womöglich, dass Infineon eigentlich zur Old Economy gehörte. Schließlich entstand die Münchner Hightechschmiede nur, weil sich der Elektronik-Gigant Siemens entschlossen hatte, seine Halbleitersparte auszugliedern. Dennoch passte der Auftritt zu Schumacher. Der smarte, 45-jährige Vorstandschef hat seine Karriere bisher auf der Überholspur verbracht. Als promovierter Elektrotechniker und Betriebswirt stieg er 1986 bei Siemens ein, zwei Jahre später wurde Vorstandsassistent in der Sparte Halbleitertechnik. 1996 rückte er dort in den Vorstand auf und zog 1998 als jüngstes Mitglied in den Siemens-Vorstand ein. Konzernchef Heinrich von Pierer galt als großer Förderer des jungen Überfliegers.
Doch nach dem spektakulären Porsche-Auftritt kam Schumachers Karrieremotor schnell ins Stottern. Die Infineon-Aktie, die ihm zum Börsengang fast schon hysterisch aus den Händen gerissen wurde, ging auf Talfahrt. Schumachers große Töne über den bevorstehenden Angriff auf Weltmarktführer fielen nun ebenso auf ihn zurück wie eine beispiellose Werbekampagne. Darin stand er selbst so im Mittelpunkt wie kein Vorstandschef zuvor.
Immer stärker prasselten nun von allen Seiten die Vorwürfe auf Schumacher ein. Sowohl frustrierte Anleger wie kritische Infineon-Aufsichtsräte monierten, dass er die Schwankungen im traditionell instabilen Mikrochip-Markt völlig unterschätzt habe. Für die Milliardenverluste in den Jahren 2001 und 2002 wurde er mitverantwortlich gemacht.
Dann drohte er auf einmal Mitarbeitern, sie bei schwächeren Leistungen gnadenlos abzurasieren. Er wollte Infineon im Alleingang ins Ausland verlagern, um Steuern zu sparen. Die Bezüge des Vorstands schraubte er in schwindelnde Höhen. Plötzlich wurde der strahlende Hoffnungsträger zum Abbild des gierigen und unsozialen Managers, den die SPD zusätzlich noch breitenwirksam als „vaterlandslosen Gesellen“ diffamierte.
In der Beliebtheitsskala stand Sonnyboy Schumacher prompt auf einer Stufe mit Steuerflüchtling Theo Müller(-Milch), mit dem er offenbar auch den autokratischen Führungsstil teilte. Doch Infineon ist kein Familienunternehmen, auch wenn Schumacher das gedacht haben mag. Beim Aufsichtsrat und seinen Vorstandskollegen ist Schumacher damit voll gegen die Wand gefahren.
JÖRG SCHALLENBERG