: Australians go home
Labor-Oppositionsführer Latham will Australiens Truppen aus dem Irak abziehen. US-Botschafter warnt vergeblich
MELBOURNE taz ■ Die Ankündigung des australischen Labor-Führers Mark Latham, im Falle eines Wahlsiegs Canberras Soldaten aus dem Irak abzuziehen und damit einer ähnlichen Ankündigung der spanischen Sozialisten zu folgen, hat den US-Botschafter Tom Schieffer alarmiert. Der persönliche Freund von George W. Bush scheute sich nie, in Australiens Innenpolitik einzugreifen. Jetzt drohte er Latham, das enge amerikanisch-australische Bündnis zu gefährden. Doch während dies Latham nicht umstimmen konnte, stieß die als Kolonialherrenart empfundene Einmischung vielen Australiern übel auf.
Als neuer Oppositionsführer hatte Latham angekündigt, eine Labor-Regierung würde die Truppen aus dem Irak spätestens Weihnachten heimbringen, „damit sie Australien verteidigen“. Dies Versprechen kommt an. Die Zeitung The Australian veröffentlichte gestern eine Umfrage, derzufolge eine Mehrheit deshalb Labor wählen würde. 65 Prozent der Befragten sind der Ansicht, ein Verbleib der australischen Truppen im Irak verstärke die Terrorgefahr in Australien. Canberra hat noch etwa 850 Soldaten und eine Fregatte im Irak. Einen Abzugstermin hatte die Regierung bisher offen gelassen.
Ein Sieg Labors bei den Parlamentswahlen, die laut Außenminister Alexander Downer nach dem 30. Juni stattfinden, scheint heute verstärkt möglich zu sein. Laut der Umfrage des Australian würden jetzt 46 Prozent Labor wählen, während nur noch 41 Prozent die konservative Koalition aus Liberalen und Nationalen von Premier John Howard vorziehen. Bei Berücksichtigung der Präferenzstimmen hätte Labor 55 Prozent und die Koalition 45.
Auch Lathams persönliche Popularität stieg inzwischen auf Howards hohes Niveaus. Beobachter schreiben dies dem aggressiven, die Konservativen verwirrenden Stil Lathams im Parlament zu. Gegen Howards seit acht Jahren amtierende Regierung wird außer der Teilnahme am Irakkrieg auch sonst eine verminderte Glaubwürdigkeit angeführt zum Beispiel im Umgang mit Flüchtlingen.
Nach anfänglichem Dementi warnt Howard jetzt selbst davor, dass ein Terroranschlag wie in Madrid auch in Australien möglich sei. Al-Qaida hatte bereits mehrfach gewarnt, dass Australien wegen seiner Verbundenheit mit den USA ein Angriffsziel sei.
Die Regierung wirft Latham vor, mit seiner Ankündigung „Handlangerdienste“ für al-Qaida zu leisten und Australiens Truppen im Irak der Gefahr gezielter Terrorangriffe auszusetzen. Aber Latham, der George W. Bush schon als „schlimmsten US-Präsidenten, seit man sich erinnern kann“ bezeichnet hat, bleibt fest. Vielmehr könnte ein Abzug der australischen Truppen aus dem Irak auch die von der Washington Post gemeldeten Pentagon-Pläne stören, im Rahmen der Umstrukturierung im Ausland stationierter US-Streitkräfte neue Stützpunkte auch in Australien anzulegen.
BORIS B. BEHRSING