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Archiv-Artikel

„Wir werden nicht völlig zusammenbrechen“

Die Grünen-Landeschefs Tharan und Heyer-Stuffer sehen Partei und Fraktion auf Wielands Weggang vorbereitet

taz: Bald werden die Berliner Grünen ohne Wolfgang Wieland auskommen müssen. Wie soll das gehen – ohne einen mit den ganzen Etiketten Urgestein, Exsenator, Exfraktionschef?

Almut Tharan: Es stimmt, er ist seit Jahren bei uns herausragend tätig und spielt auch als Persönlichkeit eine große Rolle …

umso schlimmer für Sie.

Tharan: Aber wie Sie bei der Landesdelegiertenkonferenz gesehen haben, werden wir jetzt nicht völlig zusammenbrechen. Er hat ja nicht die Kleinarbeit allein erledigt, auch wenn er jetzt am Leitantrag für die Landesdelegiertenkonferenz mitgearbeitet hat.

Till Heyer-Stuffer: Er ist in Potsdam nicht aus der Welt. Umso mehr, weil wir die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg intensivieren – von der Unterstützung im Landtagswahlkampf bis hin zu gemeinsamen Eckpunkten einer Verfassung für Berlin-Brandenburg.

Wieland in Potsdam, Michael Cramer ab Juni wohl im Europaparlament. Haben Sie Angst vor einer instabilen Fraktion?

Heyer-Stuffer: Da habe ich gar keine Angst. Es ist schon so, dass mit den beiden zwei Männer gehen, die die Fraktion über lange Jahre sehr stark geprägt haben. Dass ein solcher Weggang nicht ohne Wirkungen bleibt, war schon zu merken, als Wieland Anfang 2003 als Fraktionsvorsitzender aufhörte. Aber die Fraktion hat sich vorbereitet, die Nachrückerinnen sind klar.

Wie wollen Sie es bei einer engeren Zusammenarbeit schaffen, dass Ihr sechsmal größerer Landesverband die Brandenburger nicht erdrückt?

Tharan: Das es gehen kann, hat unsere Europaversammlung in Frankfurt gezeigt. Da konnte man Berliner und Brandenburger nicht mehr unterscheiden, wenn man vom Podium runtergeguckt hat. Auch die Abstimmungen hingen nicht davon ab, wer welchem Landesverband angehört. Wir sind natürlich größer, und wir werden uns auch nicht klein machen. Denn dass wir in manchen Dingen etwas erfahrener sind, ist ja auch eine Chance für die Brandenburger.

Die Länderfusion war bei beiden Parteitagen ein großes Thema. Dabei ist die Sache ist doch mehr oder weniger tot.

Heyer-Stuffer: Für mich ist die Fusion noch längst nicht tot.

Was anders heißt es denn, wenn Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck den Fahrplan in Frage stellt? Credo war doch immer: Wenn nicht 2006, dann auf Jahrzehnte nicht.

Heyer-Stuffer: Das ist zwar jetzt Kaffeesatzleserei. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Platzeck definitiv Nein sagt. Mein Eindruck ist, dass sich SPD und CDU vor der Landtagswahl nicht auf die Fusion festlegen wollen, um nicht Stimmen bei Fusionsgegnern zu verlieren.

Tharan: Die eiern bis zuletzt.

Heyer-Stuffer: Und wir sind die Einzigen, die den Leuten klar sagen, was wir wollen. Die jüngste Umfrage in Brandenburg zur Fusion hat auch gezeigt, dass dort die Grünenklientel der Fusion am nächsten steht.

Da könnte man sagen: Auf die Fusion zu setzen, ist bei Ihnen reine Wahlkampfstrategie.

Heyer-Stuffer: Wenn unser Beharren dazuführt, dass die anderen Parteien das Thema doch noch aufgreifen, dann ist das nicht nur ein wahltaktisches Manöver. Dann haben wir auch dazu beigetragen, dass es noch was wird mit der Fusion, auch wenn die aktuelle Umfrage da nicht sehr hoffnungsvoll macht.

INTERVIEW: STEFAN ALBERTI