Grüne finden sich bärenstark

Starke Bezirke, starke Bürgerrechte, starke Umweltpolitik, starke Kandidaten: Grüne Landesverbände tagen parallel im Zeichen der Fusion: Brandenburger verabschieden Programm für Landtagswahl

VON STEFAN ALBERTI

Am Wochenende haben auf den beiden parallelen Parteitagen der Grünen in Berlin und Brandenburg die Delegierten der geplanten Länderfusion 2009 zugestimmt. Trotz Kritik mehrerer Kreisverbände am Fahrplan – 2006 Volksabstimmung, 2009 die Fusion – setzten die Grünen auf die Einheitsagenda. Die Länderchefs Till Heyer-Stuffer (Berlin) und Joachim Gessinger (Brandenburg) räumten zwar ein, dass in Brandenburg derzeit eine Mehrheit für die Fusion fehlt. Unter den Grünen-Anhängern aber würden 57 Prozent das Projekt unterstützen.

Im Festsaal der Neuruppiner Kliniken verabschiedeten die Brandenburger Grünen ihr Programm für die Landtagswahl am 19. September. Der Noch-Berliner Abgeordnete und Exjustizsenator Wolfgang Wieland soll sie gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm erstmals seit 1994 wieder in das Potsdamer Parlament führen. Beide sollen bei einem weiteren Parteitag am 24. April gewählt werden.

Schwerpunkte des Programms sind – neben der Fusion – der Ausbau von Bürgerrechten und umweltfreundlichen Technologien sowie mehr Geld für Bildung über veränderte Erbschaft- und Vermögensteuer. Ausbau von Bürgerrechten heißt für die Brandenburger Grünen etwa, Volksbegehren zu erleichtern und Bürger an den kommunalen Haushalten mitarbeiten und mitentscheiden zu lassen.

Statt eines Großflughafens Schönefeld setzten sich die Grünen für einen ostdeutschen Flughafen-Verbund etwa mit Halle-Leipzig ein. Das Wahlalter soll auf 16 Jahre sinken, die rot-schwarzen Verschärfungen im Polizeigesetz sollen zurückgenommen werden.

Der designierte Spitzenkandidat Wieland sprach sich gegen das geplante „Bombodrom“ aus. „Wendehälse am Kabinettstisch“ nannte er Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und seinen Vize Jörg Schönbohm (CDU), die sich jüngst gegen den Bombenabwurfplatz aussprachen. Bislang hatten allein Grüne und PDS das Projekt abgelehnt.

Der gut 80 Kilometer entfernte Parteitag der Berliner Grünen wäre nach wenigen Minuten dagegen fast wieder zu Ende gewesen. Weil im Tagungssaal der Katholischen Akademie in Mitte ein Kreuz hing, dies aber Teilnehmer nicht ertragen wollten, drohten diese, nach Hause zu gehen. Schließlich einigte man sich doch, unter dem Kreuz zu tagen.

Umstrittener war die Frage, ob Bezirksbürgermeister künftig direkt gewählt werden sollten. Der Kommunalpolitik-Experte Thomas Birk forderte die Direktwahl mit Verweis auf andere Städte. Die Abgeordnete Ramona Pop befürchtete hingegen, auf diese Weise „Bezirksfürsten“ zu inthronisieren, und setzte sich damit durch.

Die Führung der Bezirke soll dennoch anders aussehen: Unter dem Schlagwort „politisches Bezirksamt“ sollen die Stadtratsposten nicht mehr nach Wahlergebnis anteilig auf die Parteien verteilt werden, sondern wie auf Landes- und Bundesebene die jeweilige Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Führung stellen.

Unter dem Motto „Ein starkes Berlin braucht starke Bezirke“ forderten die Grünen generell mehr Rechte für die Bezirke, um ihrer Größe gerecht zu werden. Das gilt gerade mit Blick auf die Länderfusion: Noch Spandau als kleinster Bezirk ist mit gut 220.000 Einwohnern deutlich größer als Potsdam – mit 130.000 Einwohnern größte brandenburgische Stadt.