Platz da. Und nun?

Die Debatte um die Gestaltung des Spielbudenplatzes auf St. Pauli wird immer lebhafter. Experten meinen, er solle erst mal gepflastert werden. Über Kunst könne man später reden

von GERNOT KNÖDLER

Man kann gegen Jeff Koons# Entwurf für den Spielbudenplatz einwenden, was man will: Hätte es dafür eines Beweises bedurft, wäre mit der Debatte darüber klar geworden, dass es sich um einen der bedeutendsten Plätze der Stadt handelt. Bei einer Podiumsdiskussion der GAL im Café Ellmenreich des Schauspielhauses hat es sich bestätigt. Tenor der von Ex-Senator Willfried Maier moderierten Debatte zwischen dem Theatermacher Corny Littmann, der Architektin Mirjana Markovic und dem HfbK-Professor Michael Linger: Pflastert den Platz möglichst bald, damit er sich beleben kann. Die Kunst wird sich finden.

Vor allem Corny Littmann (Schmidt Theater), der von der jetzigen, durch Tiefgaragen-Einfahrten gestalteten Sandwüste „gestrichen die Schnauze voll hat“, dürfte höchst zufrieden sein mit dem aufgebauten Handlungsdruck. Littmann ließ wiederholt durchblicken, Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei), sei ja nicht alleine auf die Idee gekommen, Koons zu engagieren. Littmann selbst, wird gemunkelt, sei der Inspirateur.

Littmann lobte an Koons‘ Entwurf, dass dieser den Platz frei lässt und damit für alle möglichen Nutzungen offen hält. Er traf sich hierbei mit den Ansichten Markovics, die feststellte, der Platz sei dabei, sich zu beleben – eine Entwicklung, die durch eine Gestaltung nicht beschränkt werden sollte. Linger konstatierte: „Wir haben keinen Platz, sondern eine leere Fläche.“ Um daraus einen Platz zu machen, sei ein „kultureller Kontext“ nötig.

Der Professor forderte, bei der Neugestaltung müsse dem Platz erstens ein Motiv gegeben werden, das Menschen dazu bewege, sich hier aufzuhalten. Zweitens sollten sich Besucher gerne dort aufhalten. Markovic erkennt bereits heute den „Keim eines Platzes“, der in ihren Augen durch seine Fassung bestimmt wird: zukünftig zwei Hochhäuser am Millerntor, eine Baumreihe zur Reeperbahn hin und die unter Rot-Grün erhöhte Fahrbahn vor den Theatern. Entscheidend sei, was jetzt mit dem Boden des Platzes geschehe, wie dort mit Niveaus und Belägen gearbeitet werde.

„Die wichtigste Entscheidung ist für uns, was sich auf dem Platz tut“, sagte Littmann. In den vergangenen zehn Jahren hätten er und seine Mitstreiter „erfolgreich ausprobiert, was auf dem Platz möglich ist“ und was dafür nötig sei. Als Beispiele nannte er das Straßentheaterfestival und die deutsche Fete zum Grand Prix de la Chanson, die dort heute Abend wieder steigt.

Der Debatte über die Qualität von Koons‘ Kunstwerk wich das Podium angesichts des Experten Linger weitgehend aus. Während Littmann eine Lanze für die populäre Kunst brach, übte der Professor leise, aber deutlich Kritik: Koons Entwurf bestehe aus vollkommen zusammenhanglosen Elementen, die beliebig interpretierbar seien. Er sei uninspiriert: „Die Knoten für die Reeperbahn wären jedem von uns eingefallen.“ Koons‘ Entwurf sei „kein Werk, das sich im Kontext der Diskussion um Kunst im öffentlichen Raum behaupten könne“. Zu allem Übel habe Koons seine besten Zeiten Mitte der 80er Jahre erlebt. „Das ist ein Timelag, der etwas krass ist“, formulierte Linger.

Nachdem aus dem Publikum der Vorschlag gekommen war, Koons‘ Idee als eine im Wettbewerb mit vielen anderen zu betrachten, konstatierte Littmann einen mangelnden Respekt vor dem, was Kunst sei. „Ich möchte Ihnen nicht zum Fraß vorgeworfen werden“, sagte er in Richtung Linger. Der setzte noch einen drauf, nachdem im Saal gelobt worden war, der Entwurf von Koons habe jedenfalls eine öffentliche Diskussion in Gang gebracht: „Ich würde mich freuen, wenn ich empört sein könnte“, sagte er. „Mich langweilt das nur.“