: Endlich Glas und Stahl
Die Ausstellung „25 Jahre Planen und Bauen in der Demokratie“ der Freien Akademie der Künste präsentiert Irrungen und Wirrungen Hamburger Architekten – und verleitet zu eigenen Recherchen
von MARC PESCHKE
Ob in der Demokratie oder sonstwo: Architekturausstellungen sind das Sorgenkind von Ausstellungsmachern. Denn Stellwände mit Fotos, Schnitten und Grundrissen bleiben – so gelungen und innovativ die vorgestellten Bauten auch sein mögen – immer an der Oberfläche, sprichwörtlich im Zweidimensionalen hängen. Deshalb ist die gelungenste Facette der Schau 25 Jahre Planen und Bauen in der Demokratie. 1976 bis 2000 in der Freien Akademie der Künste auch der Katalog, mit dem man dann selbst auf Architektur-Tour gehen kann.
Was die Nachfolgeausstellung des Architektursommers des Jahres 2000 derzeit präsentiert, sind Bauten von Akademiemitgliedern aus den Jahren 1976 bis 2000 – anhand von 70 großformatigen Tafeln. Genau diese finden sich auch im Katalog wieder, ergänzt allerdings um zwei erhellende Textbeiträge. Diese erzählen von den neuen siedlungssoziologischen und ökologischen Anforderungen der vergangenen Dekaden – vor allem aber davon, was schief gelaufen ist in Hamburg und um Hamburg herum. Angefangen bei der City Süd, dem so wenig urbanen Konglomerat von Bürohäusern.
Die in Katalog und Ausstellung vorgestellten Projekte erlauben so einen Gang durch die Architekturgeschichte der vergangenen 30 Jahre. Man erinnert an den Wettbewerb um die Erneuerung des Rathausmarktes im Jahr 1977, an die Erneuerung der Mönckeberg- und Spitalerstraße, den Bau der Techniker-Krankenkasse in Bramfeld und die Großsiedlung von Billwerder-Allermöhe.
Außerdem erzählt die Ausstellung davon, dass die besten Bauten Hamburger Architekten gar nicht in Hamburg stehen. Ganz selbstverständlich bauen sie überall in Deutschland und der Welt, doch sucht man in Hamburg nach wirklichen Meisterleistungen der Architektur, so gerät man schnell ins Grübeln. So zählte etwa der Verlagskomplex von Gruner und Jahr einmal zu den imposantesten Bauprojekten – heute scheint die Architektur dagegen hoffnungslos veraltet.
Wie lange die Architektur Hamburgs unverdrossen auf die Tradition bläulich schimmernder Klinker setzte, wird in der Schau ebenfalls deutlich. Routinemäßig arbeitete man sich an der hanseatischen Tradition des Kontorhauses ab, doch was seit Mitte der neunziger Jahre entstand, ist oft noch austauschbarer. Mit viel Glas und Stahl geht‘s zurück in die Zukunft – der „International Style“ erlebt ein neuerliches Comeback, doch individueller werden die europäischen Städte dadurch kaum. Doch die Ausstellung macht Lust, mal hinauszufahren – und etwa die karge Anmut des Baus des Ortsamts Süderelbe von Riecke + Karres aus dem Jahr 1976 in Augenschein zu nehmen. Oder das 1981 vollendete Rathaus in Wedel von Asmus Werner, von dem auch die weiß verputzte, überaus gelungene Rudolf-Ross-Gesamtschule und die Harburger Zweigstelle der Landeszentralbank stammt.
So zitieren die besten in der Ausstellung gezeigten Arbeiten gern die rationalistische Vorkriegsmoderne, wie etwa die Offiziersschule des Heeres in Dresden von Jörg Friedrich, das Verwaltungsgebäude der Riba Edelstahl Handelsgesellschaft von Friedhelm Grundmann – oder das im Jahr 2000 vollendete, mit Bleiplatten und Lärchenholz verkleidete elegante Bergbauarchiv von Clausthal-Zellerfeld. Nur wenige Bauten der neunziger Jahre stimmen euphorisch, doch finden sich Ausnahmen wie Hadi Teheranis schmales Lofthaus am Elbberg oder das Firmengebäude Tobias Grau in Ellingen, ebenfalls geplant von dem Hamburger Stararchitekten. Wunderbare Solitäre, doch zu schön vielleicht, um sich in den vorhandenen Architekturbestand eingliedern zu können.
Di–So 11–18 Uhr. Freie Akademie der Künste; bis 6.6.