: „Bewerber oft grottenschlecht“
Kölner Betriebe bilden zu wenig aus, trotzdem will die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) keine Ausbildungsplatzabgabe. DGB appelliert an IHK, ihre ordoliberale Ideologie wegzupacken
VON PASCAL BEUCKER
Die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) macht Front gegen eine Ausbildungsplatzabgabe. Die rot-grüne Bundesregierung solle ihre entsprechenden Pläne „endlich und endgültig aufgeben“, forderte gestern IHK-Hauptgeschäftsführer Herbert Ferger.
Entsprechend scharf attackierte er denn auch den bislang vorliegenden ersten Entwurf des so genannten Bundesausbildungssicherungsgesetzes. Dieser bestätige „die schlimmsten Befürchtungen“ und sei „für den Standort Deutschland eine Katastrophe“, kritisierte Ferger.
Laut IHK lägen die Ursachen der schwierigen Lage auf dem Ausbildungsmarkt in der schwachen Konjunktur sowie dem Strukturwandel in Unternehmen und Wirtschaft. Das jedoch ignoriere der Gesetzentwurf ebenso vollständig wie „die Tatsache, dass Ausbildungsmärkte regionale Märkte sind“. Zudem blende die Bundesregierung aus, dass viele Jugendliche gar nicht ausbildungsreif seien. „Hier werden die Unternehmen durch die Hintertür verpflichtet, für die Versäumnisse der allgemeinbildenden Schulen aufzukommen“, bemängelte Ferger.
Auch die von der IHK hinzugeladenen Vertreter des Gerling-Konzerns, der Theodor Schumacher Söhne Holzhandel GmbH und der TMS Unternehmensberatung AG beklagten sich unisono und wortreich über die mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen. „Die Qualität der Bewerber, die zu uns kommen, ist teilweise grottenschlecht“, sagte Gerling-Ausbildungsleiter Heinz-Günter Bonnie. So würde Gerling zwar gerne mehr ausbilden, fände jedoch nicht ausreichend geeignete Jugendliche.
Laut Bonnie müsse der Konzern, der im Inland 7.314 Mitarbeiter beschäftigt, nach dem geplanten Gesetz entweder mehrere hunderttausend Euro als Abgabe zahlen oder die Gesamtzahl seiner Azubis von 212 auf 512 aufstocken. „Und wie soll das gehen, wenn jetzt schon 15 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können?“, fragte Bonnie.
Für IHK-Geschäftsführer Ferger ist die beste Politik für mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze, „die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen“ zu erhöhen – „durch die Entlastung von Steuern, Abgaben, Bürokratieaufwand und überflüssigen Regulierungen“. Eine Ausbildungsplatzabgabe gehe demgegenüber „genau in die entgegengesetzte, falsche Richtung“.
Statt gesetzlicher Regelungen sprach sich Ferger für eine „persönliche Ansprache“ der Unternehmen aus. Das sei „das vernünftigste Mittel“ und die IHK praktiziere dies auch. Allerdings offensichtlich mit nur äußerst begrenztem Erfolg. Denn von rund 11.100 ausbildungsberechtigten Kölner Unternehmen sind zur Zeit gerade mal 4.600 aktive Ausbildungsbetriebe.
Gegenüber der taz wies Kölns DGB-Chef Wolfgang Uellenberg-van Dawen die Fundamentalkritik der IHK an einer Ausbildungsplatzabgabe entschieden zurück. „Die IHK sagt immer nur, was nicht geht“, kritisierte Uellenberg-van Dawen. Die Kammer solle doch „endlich mal ihre ordnungspolitische und ordoliberale Ideologie in den Schrank packen“. Schließlich würde auch er „hier nicht dauernd Klassenkampf führen“.