Einfach wegsperren ist nicht möglich

Gefährliche Ausländer sollen raus. Darin sind sich alle Fraktionen einig. Doch was geschieht mit Terrorverdächtigen, die nicht abgeschoben werden können? Um sie in „Sicherungshaft“ zu stecken, wie es Schily will, müsste das Gesetz geändert werden

VON LUKAS WALLRAFF

Die aktuelle Diskussion um Ausweisungen, Abschiebungen und „Sicherungshaft“ dreht sich vor allem um eine entscheidende Frage: Wie sollte man mit Ausländern umgehen, die zu der begründeten Vermutung Anlass gegeben haben, dass sie Terroranschläge durchführen könnten? Von CSU bis zu den Grünen sind sich alle Bundestagsfraktionen im Grundsatz einig, dass Menschen, die eine gravierende Gefahr für die innere Sicherheit darstellen, so schnell wie möglich abgeschoben werden sollten. „Wenn es um einen potenziellen Terroristen geht“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jerzy Montag, im taz-Interview, sei es ihm „lieber, er ist in Pakistan als in Deutschland“.

Auch die Grünen haben deshalb nichts dagegen einzuwenden, wenn in besonders dringenden Fällen das rechtstaatliche Verfahren verkürzt wird und nur noch eine Instanz – das Bundesverwaltungsgericht – über die Rechtmäßigkeit von Abschiebungen entscheidet. Dies wäre möglich, da das Grundgesetz nur eine Instanz vorschreibt.

Das Problem ist nur, dass in vielen Fällen aufgrund von menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen eine Abschiebung nicht möglich ist. Selbst die Union räumt ein, dass ein Mensch nicht abgeschoben werden kann, dem in seinem Herkunftsland Folter oder Todesstrafe drohen.

Daran möchte bisher niemand ernsthaft rütteln. „Eine Abschiebung in den sicheren Tod ist innerstaatlich nicht möglich“, stellte der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) kürzlich fest. „Also, das ist schon so“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern im Deutschlandfunk, „dass die europäischen Staaten sich den europäischen Menschenrechtskonventionen sehr verpflichtet fühlen.“

So weit also der allgemeine Konsens in der deutschen Politik, der bei all der öffentlichen Aufregung um drohende Terrorgefahren nicht gering geschätzt werden sollte. Daraus ergibt sich jedoch die nächste Frage: Wie sollte man mit den als hochgefährlich eingestuften Ausländern verfahren, die nicht abgeschoben werden dürfen?

Genau hier setzt die Diskussion an, die Innenminister Otto Schily (SPD) mit seinem – offenbar unabgestimmten – Vorschlag einer „Sicherungshaft“ eröffnet hat. Diesen Begriff hat Schily wohl kaum zufällig gewählt. Eine „Sicherungshaft“ ist im geltenden Ausländergesetz (Paragraph 57) bereits vorgesehen. Sie wird auch angewandt – um zu verhindern, dass sich ausreisepflichtige Ausländer ihrer Abschiebung entziehen und untertauchen. Die Sicherungshaft kann bis zu 6 Monate angeordnet werden und um höchstens 12 Monate verlängert werden. Nach geltendem Recht kann sie aber nur dann angeordnet werden, „wenn die Ausreisefrist abgelaufen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann“. Im Gesetz heißt es eindeutig: „Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.“

Diese Einschränkung möchte Schily offenbar ändern. Wie, lässt er bisher offen, was auch in den eigenen Reihen für Verwirrung bis Verärgerung sorgt. Sein Sprecher bestätigte gestern lediglich, dass der Minister Gesetzesänderungen plane, um in „sehr herausgehobenen Fällen“ eine Sicherungshaft auch dann zu ermöglichen, wenn eine Abschiebung nicht durchführbar ist.