: Prozess hat Nachspiel
Strafe für die Protestierer gegen das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum. Doch auch die Direktorin des Kunstmuseums wird nun belastet
AUS WUPPERTAL TOM BINGER
Eigentlich wollte sie die Kritikerdes Von-der-Heydt-Museums mundtot machen. Nun steht die Museumsdirektorin Sabine Fehlemann selbst unter Verdacht. Am Dienstag wurden zwar drei wegen Hausfriedensbruch und Versammlungsstörung angeklagte Kritiker vom Amtsgericht Wuppertal zu je 20 Tagessätzen verurteilt. Doch auch für die Museumsdirektorin kann der Prozess ein Nachspiel haben. Der von der Verteidigung gegen Fehlemann erhobene Vorwurf einer Falschaussage wurde vom Gericht bestätigt.
Fehlemann hatte behauptet, der Strafantrag gegen die drei Museumskritiker sei mit der Wuppertaler Kulturdezernentin Marlis Drevermann abgestimmt gewesen. Doch der taz sagte Drevermann, erst aus der Zeitung von dem Verfahren erfahren zu haben. Auch der Juniormanager des Dezernats, Dirk Tratzig, distanzierte sich von der strafrechtlichen Verfolgung der Museumskritiker. Das Strafverfahren habe keineswegs im Interesse der Stadt Wuppertal gelegen. „So eine öffentliche Kontroverse muss ein Museum aushalten können“, so Tratzig. „Wäre uns die Anzeige bekannt gewesen, hätten wir uns öffentlich davon distanziert.“ Die Verteidigung der verurteilten Museumskritiker wird wegen einer uneidlichen Falschaussage ihrerseits Strafantrag gegen Fehlemann stellen.
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Aktion anlässlich eines Symposiums zum hundertjährigen Jubiläum des Von-der Heydt-Museums im Oktober 2002. Kritiker des namensgebenden Baron Eduard von der Heydt hatten die Festversammlung unterbrochen und eine Umbenennung in Jankel Adler Museum gefordert. Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) hatte den Demonstranten während seines Vortrages Rederecht eingeräumt. Per Megaphon verlasen die Protestanten eine Stellungnahme. Nach einer fünfzehnminütigen Unterbrechung konnte der Festakt ungestört weiterlaufen. Unterdessen hatte Museumsdirektorin Fehlemann die Polizei gerufen und Anzeige erstattet. Da die Aktivisten sich ohne Einladung Zutritt verschafften, entschied das Amtsgericht jetzt auf Hausfriedensbruch.
Der Streit um den Namensgeber des Wuppertaler Museums berührt einen dunklen Punkt in der Geschichte der Stadt. Der Kunstsammler und Mäzen Eduard von der Heydt war als Vorsitzender des Fördervereins der Nationalgalerie in Berlin ein wichtiger Förderer der Künste im NS-Regime. Die Kunstsammlung von Reichsmarschall Hermann Göring bereicherte er um einige Exponate aus seinem Familienbesitz. Über seine Schweizer Konten liefen Finanztransfers für das Netz der Spionageabwehr der Deutschen Wehrmacht und als Mitbegründer der August-Thyssen-Bank war er an den Raubgoldgeschäften des Deutschen Reichs beteiligt. Nachdem er nach dem Krieg dem Wuppertaler Museum einen bedeutenden Teil seiner berühmten Sammlung moderner Kunst in Aussicht stellte, wurde er trotz seiner Vergangenheit nicht nur zum Namenspatron des Museums erkoren – seit 1952 ist er auch Ehrenbürger der Stadt Wuppertal und Namensgeber des städtischen Kulturpreises.
Der zeitweilig in Wuppertal lebende jüdische Maler Jankel Adler gehörte hingegen zur Bewegung Junges Rheinland und musste 1933 aus Deutschland fliehen. Von seiner großen Familie überlebten nur eine Nichte und ein Neffe den Holocaust.