: National nachhaltig
Ethisches Investment in Österreich: Investoren haben eine Vielzahl von Anlagemöglichkeiten. Mehr als 30 ethisch-ökologische Fonds sind auf dem Markt. Die Entwicklung beschleunigt sich
Wie in vielen europäischen Ländern ist nachhaltiges Investment auch in Österreich noch relativ neu, bahnt sich aber gleichzeitig den Weg zu einer breiteren Anerkennung. Die Rahmenbedingungen sind günstig. In den einschlägigen Nachhaltigkeitsratings von Staaten, unter anderen herausgegeben von der SiRi-Group oder der Zürcher Kantonalbank, belegt Österreich regelmäßig einen der vorderen Plätze. In einem 2002 von den Schweizer Bankern herausgegebenen Ranking erreichte Österreich den vierten Platz in der Gesamtwertung, in der Teilbewertung „Umwelt“ sogar den Spitzenplatz.
Die Gründe hierfür sind vielfältig: Im Segment Energie beispielsweise zeichnet sich Österreich dadurch aus, dass es keinen Atomstrom produziert und einen vergleichsweise hohen Anteil an regenerativer Energie, insbesondere Wasserkraft, nutzt. Überdurchschnittlich gute Werte kann Österreich auch in den Bereichen Wasserverbrauch, Luftverschmutzung und biologische Vielfalt aufweisen. Zudem hat sich die Regierung das Thema nachhaltige Entwicklung auf die Fahnen geschrieben und – unter Mitwirkung von Ministerien, Ländern, Gemeinden, Wissenschaft, NGOs und Interessenverbänden – eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie entworfen. Das österreichische Internetportal für nachhaltige Entwicklung informiert über Inhalte und Entwicklung dieser Strategie. Vom Ministerrat des Alpenlandes wurden 2002 als Kernpunkte der Strategie die Bereiche Lebensqualität, Dynamik des Wirtschaftsstandorts, Erhaltung natürlicher Ressourcen und die internationale Verantwortung beschlossen. Eine erste externe Beurteilung der erhofften Fortschritte ist für 2005 vorgesehen.
In diesem Umfeld nimmt es nicht wunder, dass sich auch die Entwicklung der Nachhaltigkeit auf dem Finanzmarkt seit einigen Jahren beschleunigt. Österreichische Aktien und Anleihen waren schon immer beliebtes Anlageobjekt von Umweltinvestoren (etwa Mayr-Melnhof, Kommunalkredit), Dienstleister wie das Forschungsinstitut für ethisch-ökologische Geldanlagen (FIFEGA) oder die TOKOS Vermögensberatung haben sich bereits Anfang der 90er-Jahre etabliert. Auch das Flaggschiff der deutschsprachigen Medien, der Informationsdienst Öko-Invest, residiert in Wien.
Den österreichischen Investoren steht heute eine Vielzahl von Anlagemöglichkeiten zur Verfügung, allein mehr als 30 ethisch-ökologische Investmentfonds sind auf dem Markt. Die von österreichischen Finanzdienstleistern aufgelegten Fonds hatten Ende 2002 bis zu 160 Millionen Euro eingesammelt. Durch den relativ hohen Anteil in Österreich vertriebener ausländischer Nachhaltigkeitsfonds wird das tatsächliche Volumen noch deutlich höher liegen.
Und das Interesse der Österreicher an ökologischen und sozialen Geldanlagen wächst. Einer 2002 durchgeführten repräsentativen Umfrage des Gallup Instituts zufolge nahm die Zahl der allgemein an Anlagen am Finanzmarkt Interessierten in den letzten fünf Jahren deutlich zu, in erster Linie erfreut sich der Fondsbereich rege ansteigenden Interesses. Bemerkenswert im Sinne nachhaltiger Geldanlage ist aber vor allem, dass satte 50 Prozent derer, die als Investoren künftig überhaupt in Frage kommen, ein starkes Umweltbewusstsein mitbringen und somit also auch der Zielgruppe für Anbieter nachhaltiger Anlageformen entsprechen. Das Gallup Institut schätzt diese Privatinvestorengruppe auf rund 350 Millionen Euro pro Jahr.
Ein erhebliches Potenzial für den Markt des nachhaltigen Investments in Österreich bieten auch die neuen Mitarbeitervorsorge-Kassen (MVK). 2002 wurde das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz verabschiedet, das von 2003 an jedem Arbeitnehmer bereits nach einem Monat – statt wie bisher nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit – einen so genannten Abfertigungsanspruch zuspricht.
Zurzeit buhlen neun dieser neu formierten MVKs um die Gunst der Anleger. Welche Kasse gewählt wird, entscheiden Unternehmen und Betriebsrat gemeinsam – der Arbeitgeber führt dann monatlich 1,53 Prozent des Entgelts an die MVK ab. Schätzungen zufolge addieren sich diese Beiträge innerhalb der kommenden zehn Jahre auf ein Volumen von ungefähr vier Milliarden Euro.
So betrachtet ist es dann auch schon wieder relevant, dass die bereits erwähnte Gallup-Untersuchung ergeben hat, dass 31 Prozent der Österreicher wünschen, die Mitarbeitervorsorge-Kassen sollten ihre Beiträge nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten anlegen, und noch mal so viele wollen zumindest vonseiten der Kassen regelmäßig über diese Aktivitäten informiert werden. Entsprechend sind es inzwischen auch sieben von neun MVKs, die öffentlich proklamieren, sie würden ethische Gesichtspunkte bei ihren Investments berücksichtigen. Die tatsächliche Umsetzung hängt zwar den Ankündigungen noch hinterher, es ist allerdings zu erwarten, dass der Wettbewerb hier in Zukunft mehr transparent wird.
Um Transparenz geht es auch den Initiatoren des geplanten EASEY-Index, des „Ecological and Social Efficiency Index“. Treiber dieses Projektes sind die Wiener Börse (WBAG) und das EASEY-Team der Wirtschaftsuniversität Wien. Der Index wird laut Informationen des EASEY-Teams nach dem Vorbild anderer namhafter Nachhaltigkeitsindizes gestaltet: Die Unternehmen des heimischen ATX Prime Indizes sollen zusätzlich auch auf soziale und ökologische Verantwortlichkeit hin überprüft und bewertet werden. Die Performance der Werte, die schließlich die Aufnahme in den EASEY-Index erreichen, soll in Zukunft einen Vergleich von nachhaltig wirtschaftenden mit weniger vorbildlich handelnden Gesellschaften bieten.
Bei so viel Durchblick wundert es nicht mehr, dass sich die wesentlichen Akteure im Bereich nachhaltiges Investment im Lande zusammengefunden haben, um eine Internet-Plattform namens „Grünes Geld“ zu betreiben. Diese enthält Produktübersichten und weitere Informationen zu aktuellen Entwicklungen in Österreich.
LINDE KRUTZKE
Die Autorin ist Unternehmensanalystin bei der Scoris GmbH, Hannover, www.scoris.dewww.gruenesgeld.at, www.oeko-invest.at, www.nachhaltigkeit.at