: Der Lady-Kracher
Dass er die Wahl gemacht hat, reicht noch nicht: Henning Scherf, so weiß das Statistische Landesamt, wurde vor allem von Frauen gewählt. Von älteren – und von jungen Frauen zwischen 18 und 25
taz ■ Alle, die‘s stets geahnt, aber nie wirklich gewusst haben, kriegen‘s jetzt Schwarz auf Weiß: Henning Scherf ist nicht nur von allen gewollter Bürgermeister, Henning Scherf ist vor allem ein Womanizer: „Die SPD hat ihr unerwartet gutes Abschneiden vor allem den Frauen zu verdanken.“ So zu lesen auf Seite 25 des Berichts vom Statistischen Landesamt. Landeswahlleiter Jürgen Dinse stellte gestern das 152 Seiten starke Werk, 19 Stunden nach Schließung der Wahllokale und noch warm vom Kopieren, der Öffentlichkeit vor.
Scherf und die Frauen. Wie es sich damit genau verhielte, dieses und anderes herauszufinden, waren in 16 Wahllokalen verschiedenfarbige Stimmzettel ausgegeben worden, die das Votum von rund 19.000 Wahlberechtigten nach Geschlecht und Alter unterscheidbar machten. 45,7 Prozent der Frauen wählten demnach SPD, bei den Männern nur 40,8. Vor allem ganz junge und etwas ältere Frauen scheinen auf Scherf zu stehen: 48,2 Prozent der 18- bis 25-Jährigen und 47,9 Prozent der über 59-Jährigen wollten ihn zum Bürgermeister. Ohnedies gehen mehr Frauen als Männer zur Wahl: 53 Prozent der vorgestrigen Wählerschaft war weiblich. Beängstigend mag sein, dass Jüngere weniger wählen gehen als Ältere: Nur 39 Prozent der Wahlberechtigten zwischen 20 und 30 traten am Sonntag den Weg zur Urne an – mit steigendem Alter werden es mehr: 73 Prozent sind es bei den 60- bis 70-Jährigen.
Die CDU scheint weit weniger sexy als die SPD: Der Anteil von Männern und Frauen in der Wählerschaft differiert hier nicht so massiv, wenngleich es mehr Männer sind, die CDU wählen. Vor allem sind es ältere Menschen, die der Union zugetan sind: 55 Prozent der CDU-Wähler sind 60 oder älter.
Die FDP hat ihre Stimmen vor allem von jungen Männern gekommen. Gut sechs Prozent der Männer bis 35 wählten die Gelben, bei den Frauen desselben Alters aber nur rund vier Prozent, und bei allen weiteren Altersgruppen knacken die Liberalen die Fünf-Prozent-Marke nicht. Fuß fassen konnte die Truppe von Claus Jäger vor allem in den so genannten bürgerlichen Vierteln: In den Ortsteilen Bürgerpark, Barkhof, Riensberg, Radio Bremen, Schwachhausen oder Gete schaffte sie es immer über fünf Prozent.
Dass Frauen nicht nur der auf große Männer in der zweiten Lebenshälfte anspringende, sondern offenbar auch der klügere Teil der Menschheit sind, zeigt indes die Causa Schill: „Das überraschende Abschneiden der erstmals bei einer Bürgerschaft angetretenen Schill-Partei verdankt diese in erster Linie den männlichen Wählern, von denen 4,9 Prozent dieser Partei ihre Stimme gaben“, heißt es in dem Bericht, „im Vergleich zu nur 2,9 Prozent der Frauen.“ Den besten Schnitt machte die Truppe von „Richter Gnadenlos“ bei Männern zwischen 25 und 35 und denen ab 60: 5,5 Prozent aller Wähler dieser Altersgruppen gaben Schill ihre Stimme.
Auch die Wähler, die zwar ins Wahllokal kamen, dort aber ihren Stimmzettel ungültig machten, sind in dem Bericht aufgeführt: Ihre Zahl überschreitet in keinem Wahllokal die Zweiprozentmarke.
Zwischen den vielen Tabellen und Grafiken, die bis ins Kleinste enthüllen, was Bremerinnen und Bremer gewählt haben, findet sich eine sensationelle Zahl. Im „Ortsteil 122 Industriehäfen“, das ist die Zone jenseits des Lindenhof-Viertels entlang der Weser samt Stahlwerke, kommt die FDP auf – ja, wirklich: 19,23 Prozent. Dumm nur, dass das fünf von gerade mal 26 Wählern sind.
Susanne Gieffers