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Archiv-Artikel

bush & condie Kein Vertrauen in die Wähler

Wochenlang tobte in Washington der Streit: Soll die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten, Condoleezza Rice, vor der Untersuchungskommission zu den Anschlägen vom 11. September öffentlich und unter Eid aussagen oder nicht? Das Weiße Haus wollte sie verschont sehen mit dem windigen Argument, so ihr besonderes Vertrauensverhältnis zu Bush zu schützen. Doch was zählt das, wenn die Öffentlichkeit plötzlich ihrem Präsidenten nicht mehr traut und seine Führungsstärke bezweifelt.

KOMMENTAR VON MICHAEL STRECK

Bushs Glaubwürdigkeit ist nachhaltig erschüttert, zumal kürzlich just sein ehemaliger Antiterrorberater Richard Clarke kundtat: Bush habe weniger gegen die Terrorgefahr getan als sein Vorgänger Bill Clinton und der Irakkrieg habe dem Kampf gegen den Terror geschadet. Clarke sollte deshalb rhetorisch hingerichtet werden. „Character assassination“ wird das in den USA unverhohlen genannt. Doch bei ihren Attacken verstrickte sich Rice in schwere Widersprüche zu früheren Aussagen.

Clarkes Angaben stimmten dagegen mit denen anderer Insider überein. Dennoch ließen sich die Bushianer in der Rufmordkampagne nicht aufhalten. Sie schossen dabei aber so weit übers Ziel hinaus, dass es selbst wohlmeinenden Konservativen zu viel wurde.

Zudem versäumte es Bush, die Arbeit der Untersuchungskommission vorbehaltlos zu unterstützen. Stattdessen missbrauchte er sie schamlos für eigene Wahlkampfzwecke und überließ Clarke das Feld der Entschuldigungen. Mit diesem Verhalten hat er erneut seine Unfähigkeit unter Beweis gestellt, Verantwortung zu übernehmen. Das könnte ihm langfristig schaden, denn die Bürger werten Präsidenten als führungsstark, wenn sie auch zu Fehlern stehen: So war es etwa bei John F. Kennedy nach der gescheiterten Kuba-Invasion und bei Ronald Reagan nach dem Anschlag auf die Marineinfanteristen in Libanon 1983.

Wenn Bush nun sein Einlenken gegenüber der Untersuchungskommission konziliant mit der Schwere der Terroranschläge und den einzigartigen Umständen begründet, dann hat er damit Recht. Die Entscheidung fällte er jedoch nur nach massivem Drängen, um weiteres Unheil zu verhindern. Die nachgereichte Erklärung ist unglaubwürdig und macht erneut deutlich, wie wenig es ihm um die Sache und wie sehr um den Machterhalt geht. Es bleibt zu hoffen, dass die Wähler den Mangel an präsidialer Statur erkennen.

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