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Archiv-Artikel

„So, jetzt ist es aber genug“

Protestler besuchen BVG-Chef, um mit ihm die Tariferhöhungen zu diskutieren. Der schiebt die Schuld auf andere

Als Vorstandschef der BVG braucht man ungebetenen Besuch normalerweise kaum fürchten, da sind Vorzimmer und Sekretärinnen vor. Man kann es Andreas von Arnim also nicht verdenken, dass er sich etwas verwirrt zeigte angesichts der aufgebrachten Menschenmenge in seinem großzügig angelegten Büro: „Wie sind Sie denn hier reingekommen“, fragte er gestern Vormittag. Unbemerkt waren gut zwei Dutzend Protestler bis in den zweiten Stock der BVG-Zentrale am Kleistpark vorgedrungen – um von Arnim persönlich mit den Folgen der Tarifsteigerungen zu konfrontieren.

Hintergrund der Aktion ist das neue Tarifsystem der BVG (die taz berichtete). Ab 1. April gibt es kein Senioren- oder Arbeitslosen-Ticket mehr, die Sozialkarte fiel schon im Januar weg. Ab diesem Monat müssen Arbeitslose und Rentner – anstatt vormals verbilligter 23,50 Euro – 64 Euro für eine ganz normale Monatskarte auf den Tisch blättern. „Zum Leben bleiben mir gerade mal 300 Euro im Monat. Da kann ich mir eine Monatskarte einfach nicht mehr leisten“, sagt der arbeitslose Siggi Dierke.

Im Zentrum der Macht wollten die Betroffenen ihren Forderungen Gehör verschaffen, die sich auf einen einfachen Nenner bringen lassen: Den Betroffenen geht es um die sofortige Wiedereinführung der vergünstigten Tickets, außerdem um die Rücknahme der anderen Tariferhöhungen.

Routiniert weist BVG-Chef von Arnim das zurück: „Wir können da doch nichts machen. Wenden Sie sich an Ihre Volksvertreter.“ Das Sozialticket sei schließlich Sache des Senats. „Das Arbeitslosen- und Seniorenticket aber nicht“, ruft einer aus der Menge zurück. „Das ist im Prinzip richtig“, sagt von Arnim geschäftsmäßig. Entscheidungen über die Tarife treffe nicht die BVG alleine. Darüber entscheide der Verkehrsverbund. Die BVG könne da nur teilweise mitreden, spielt er seine Rolle herunter. „Könnte denn nicht der Vorstand auf einen Teil seines Gehalts verzichten und die Mittel für das Arbeitslosenticket verwenden“, bittet eine Betroffene. Dies sei keine Entscheidung des Vorstands, sondern des Aufsichtsrats, antwortet von Arnim.

Einige werden wütend, der Ton wird schärfer: „Eine Sauerei ist das“, tönt’s aus der Menge. „Versetzen Sie sich doch mal in unsere Lage. Wie soll ich denn noch über die Runden kommen? U-Bahn-Fahren kann ich mir bei den Preisen nicht mehr leisten“, erklärt eine Betroffene. Verständnisvolle Blicke bei den Herren mit den Anzügen. Von Arnim: „Ich nehme Ihr berechtigtes Anliegen zur Kenntnis.“

Die Protestler machen einen Vorschlag: Wenn die Zuständigkeiten so undurchsichtig seien, könne man doch wenigstens eine regelmäßige Diskussionsrunde einrichten. Mitglieder des BVG-Vorstandes und des Senats könnten dort mit den Betroffenen über eine Lösung des Problems beraten, so ihr Anliegen. „Ich persönlich werde so einer Diskussionsrunde zur Verfügung stehen“, verspricht der BVG-Chef.

Dann räumt die Gruppe die Zentrale. Von Arnim begleitet die Gruppe zum Hauptausgang. In der Halle dürfen die Protestler noch mal kurz ihr Transparent zeigen. „Fahrpreise runter, Vorstandsgehälter runter“, steht da drauf. „So, jetzt ist es aber genug“, sagt der BVG-Chef und verabschiedet sich. DAVID DAUNER