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Archiv-Artikel

Chancen auf Frieden im Sudan schwinden

Gesprächsblockade im Süden, andauernder Krieg im Westen, Putschangst in der Hauptstadt Khartum: Die Hoffnungen auf einen baldigen Frieden im Sudan verflüchtigen sich. Regierung spricht von Allianz zwischen Rebellen und Islamisten

BERLIN taz ■ Die Suche nach Frieden im Sudan wird immer komplizierter. Nachdem die Friedensgespräche zwischen Sudans Regierung und der südsudanesischen Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) ins Stocken geraten sind, kommen Vermittlungsbemühungen zwischen Sudans Regierung und den Rebellen der westsudanesischen Region Darfur gar nicht erst vom Fleck. Und in der Hauptstadt Khartum wachsen die Spannungen, nachdem diese Woche zehn hochrangige Militärs und sieben Oppositionelle, darunter der historische Islamistenführer Hassan al-Turabi, wegen angeblicher Putschvorbereitungen festgenommen wurden.

Turabi hatte 1989 dem heutigen sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir bei seinem Militärputsch geholfen und galt jahrelang als ideologischer Mentor des sudanesischen Regimes. Seit der Sudan vor allem unter dem Eindruck des 11. Septembers 2001 den Anschluss an die USA sucht, sind die Islamisten nicht mehr gern gesehen. 2001 wurde Turabi schon einmal verhaftet und kam erst Ende 2003 wieder frei. Jetzt soll er zusammen mit Polizisten und Militärs sowie Rebellen in Darfur einen Putsch geplant haben. Ein früherer Gouverneur von Khartum hat sich versteckt, um nicht ebenfalls verhaftet zu werden.

Die Affäre ist besonders brisant, weil die Regierung eine Verbindung zwischen oppositionellen Islamisten und den Rebellen in Darfur herstellt. In Darfur führen Armee und regierungstreue Milizen seit mehreren Jahren einen nach Einschätzung von Menschenrechtlern äußerst brutalen Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Ein UN-Vertreter sah sich nach einer Reise in die Region vor kurzem an den Völkermord in Ruanda erinnert. Die beiden Darfur-Rebellenbewegungen SLA (Sudanesische Befreiungsarmee) und JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) sind mit Sudans anderen zivilen und militärischen Oppositionsgruppen verbündet.

Wenn sich nun auch Sudans Islamisten sowie Teile des Sicherheitsapparates dazugesellen, ist die Regierung in ernster Gefahr. Der internationale Thinktank „International Crisis Group“ nennt in einem neuen Darfur-Bericht als Gründer der JEM einen Islamisten und weist zahlreiche Verbindungen zwischen der islamistischen Szene und der Rebellengruppe nach.

Am Mittwoch sollten im Tschad Friedensgespräche zu Darfur beginnen. Doch Sudans Regierung boykottiert die Verhandlungen, weil es dabei internationale Beobachter gibt – das war eine Bedingung der Darfur-Rebellen gewesen. So geht vorerst ein Krieg weiter, den die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem gestern veröffentlichten Bericht so beschreibt: „Eine systematische Kampagne der Regierungsstreitkräfte und verbündeter Milizen, bäuerliche Zivilisten gewaltsam aus ihrer Heimat zu jagen und sie mittellos und gefangen in von der Regierung kontrollierte Städte und Lager zu treiben.“ Laut HRW und UNO gibt es in Darfur 750.000 Kriegsvertriebene, 110.000 Menschen sind in den Tschad geflohen.

Ohne eine Friedenslösung für Darfur kann es auch dann keinen Frieden für ganz Sudan geben, wenn der laufende Friedensprozess für Südsudan endlich klappt. Seit einem halben Jahr verstreichen immer neue Fristen zum Abschluss eines umfassenden Friedensvertrages zwischen Regierung und SPLA. Der neueste Streit, der die in Kenia stattfindenden Gespräche seit Januar lähmt, geht um die Zukunft dreier teils ölreicher umstrittener Regionen, die die SPLA dem künftig autonomen Südsudan zuschlagen will.

Nachdem der letzte geplante Einigungstermin, der 31. März, ergebnislos verstrich, einigten sich die beiden Parteien jetzt auf eine Verlängerung um eine Woche. Zugleich aber wurde gemeldet, die Regierung habe begonnen, sich 12 hochmoderne russische MiG-29-Kampfjets im Wert von 370 Millionen Dollar liefern zu lassen – der erste Luftwaffeneinkauf des Sudan seit acht Jahren. DOMINIC JOHNSON